Seite - 45 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Schwarzenberg-Seidl, Band 33
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mberg, Feliz
des Fürsten unmittelbarer Umgebung
behaupten, beängstigender. Sein Bio«
graph schildert die Folgen dieser Liebe in
nachstehender Weise: Es war vielleicht
die einzige wahre Leidenschaft in des
Fürsten Leben, von der er sich gewaltsam
hatte lossagen müssen, und die zärtliche,
in den schonendsten Formen gehaltene
Sorgfalt für das Kind, das jener Ver-
bindung entsprossen — diese Tochter lebt
noch glücklich und angesehen verheirathet
in Böhmen — sprach für die Nachhaltigkeit
einer Neigung, die ihm unter günstigeren
Verhältnissen ein beglückendes Familien-
leben begründet hätte. Er hat an ein
solches spater nie wieder gedacht. Die
Zeit. die Alles heilt, goß auch über diesen
heftigen Schmerz ihren allmälig lindern-
den Balsam, mit den Jahren kehrte sein
früherer Hang zu wechselvollem Treiben
zurück, er hat bis an sein Lebensende
nicht davon abgelassen, mit schönen, geist.
reichen Frauen zu tändeln, er hat nie
umsonst sein Glück bei ihnen versucht;
allein, er hat wohl nie wieder ernst ge«
liebt. Auch in anderen Richtungen blieb
jene Katastrophe nicht ohne ernste Folgen.
Der lebensfrohe, eigenwillige, von glück»
lichen Verhältnissen und entgegenkom»
wenden Neigungen launenhaft verzogene
Jüngling hatte nie eine eigentlich wis>
senschaftliche Grundlage seiner Bildung
empfangen, und auch in dieser Hinsicht
scheint es die Zeit feines tiefen Seelen-
schmerzes gewesen zu sein, wo er nach«
holte, was früher versäumt worden war;
wo er sich ernsterer Lectüre hingab, wo
er insbesondere die Kenntniß des 3atei<
nischen, die ihm aus seinen Knabenjahren
geblieben war, auffrischte und zu clasfi«
schen Studien benutzte, die bald eine
reichere Nahrung finden sollten. Ande«
rerseits aber war es ein tief religiöser
Zug, der seiner scheinbaren Frivolität unbemerkt zur Seite ging und gewiß die
wenigsten, die ihn nur vom Salon her
kannten, hatten eine Ahnung davon, daß
der gewinnende Weltmann keinen Sonn-
und Feiertag verabsäumte, meist in früher
Morgenstunde in irgendeiner abgelegenen
Kirche andächtig seine Meffe zu hören, und
gewiß ist eS bezeichnend, daß sein Secre«
tär ein für alle Mal den Auftrag hatte,
zu seinen Sacken, so oft er auf Reisen
ging. zwei Bücher zu packen, einen latei-
nischen Classiker, Ho raz oder V i rg i l ,
und Thomas g. Kempis' ^Os imi-
tatione Okristi«. Wie bemerkt, ver-
tauschte der Fürst im Herbste 1829 das
Feld seiner bisherigen Thätigkeit, Lon»
don, mit Paris. Bei seiner Ankunft da«
selbst fand der Fürst Frankreich am Vor-
abende der Revolution. Nun lebte der
Fürst eine ereignißreicde Zeit, denn er
sah noch die Anfänge des Bürgerkönig'
thums. die Ministsrwechsel von August
und November, Lafayette's Abdan«
kung, die Straßentumulie von Paris, be-
gleitet von dem Verlangen der Massen
nach den Köpfen der verhafteten Minister
Karl 's X., daS Walten des Ministe-
riums Kasimir Per ier ; im 3aufe des
Jahres 4831 wurde er aber nach Wien
abberufen. Ohne seiner militärischen
Laufbahn zu entsagen, fühlte sich der
Fürst in der Diplomatie in seinem rech«
ten Fahrwasser. Die Mitglieder ausge»
zeichneter Familien besaßen eben damals
das Vorrecht, zweien Diensteskategorien
zugleich angehören zu können, nämlich
der Diplomatie und dem Heere, konnten
n beiden gleichzeitig vorrücken, an dem<
'elben Tage einen höheren Dienstrang
und höheren Militärgrad erlangen, die
höchsten auswärtigen Posten vertreten
und daheim die höchsten Truppencom-
mando's bekleiden. So rückte der Fürst
Felix am 9. September 1831 zum
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon