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Friedrich, Card. 76 Schwanenberg) Friedrich, Card.
indem sie die seit Jahrhunderten bestehen-
den Coiporationen mit Außerachtlassung
der ständischen Gerechtsame vernichte-
tm, dadurch der Revolution Thür und
Thor öffneten und in Folge dessen ihr
früheres moralisches Ansehen größten»
theils einbüßten, das fie in seiner Totali»
tät künftighin kaum wieder zurückgewin«
nen werden?" Noch ist folgende Stelle
auS des Cardinals merkwürdiger Rede
hervorzuheben: „Es wird", rief der Car»
dinal, „zwar behauptet, daß ihr selbst fest
daran glaubt, was ihr über dieses Schema
als eure tiefste Ueberzeugung ausgebt;
aber mir und meinen Gesinnungsgenossen
wird man doch nicht zumuthen wollen,
dasjenige als wahr und gut feierlich an-
zuerkennen, was uns als einAbsurdum
erscheint. Geht es nach eurem Wunsche,
darauf darf man sich verlassen, so werden
schismatische Bewegungen und Abfälle
von der römisch'katholischen nicht aus»
bleiben". Und in der That, sie sind nicht
ausgeblieben. Die Rede bildete lange
Zeit das Ereigniß des Tages, auch be«
richteten spater die Journale, der Cardi«
nal habe wegen der gewünschten Infalli-
bilitäis'Erklarung seine Cardinalswürde
in die Hände des Papstes zurückgelegt,
daß dieser aber daS Schreiben nicht an«
genommen habe. Aber eS waren nur
wenige Monate in's Land gegangen, als
dieser Widerstand des Cardinals und sein
Versuch der gesunden Vernunft im Concil
zum Siege zu verhelfen, gebrochen ward.
Auf welche Weise er terrorisirt worden,
ist bisher nicht bekannt. Sine Bedrohung
seines Lebens hätte einen Schwarzen«
berg ^man vergleiche die Lebensskizze
des Fürsten AdamFranzKar lv . Sch.
S. 1^ nicht zum Schwanken gebracht, es
mußten also Hebel anderer Art angewen-
det worden sein, um den Fürsten, der ja
61 Jahre alt war, als er diese unvergeß« lichen Worte sprach, abwendig zu machen.
Der einfachste Erklärungsgrund liegt
wohl in der Obedienz, dieser gefährlichsten
Waffe der Curie gegen den Episcopat.
Als man dem Fürsten den Protest, den mit
ihm zugleich mehrere Bischöfe gegen das
Unfehlbarkeitsdogma aufzulegen beschlos.
sen hatten, am 23.December 1870 zur Un-
terschrift vorlegte, zögerteer, verlangte
Aufschub und zog endlich sich ganz zurück.
Nach diesem von seinen Gesinnungsgenos«
sen damals unbegriffenen Schritte, zog er
sich einige Zeit in schwerer Nledergeschla«
genheil in ein Kloster zurück. — ZurVer»
vollständigung der Lebensskizze des Fürst.
Cardinals sei nur bemerkt, daß in die letz.
ten zwei Inhrzehente seiner oberhirtlichen
Regierung mehrere große kirchliche Iubi-
läen sielen, so im Jahre 4863 das tausend«
jährige Jubiläum der Bekehrung Mäh«
renS zum Christenthume und zugleich der
Slavenapostel Cyrill und MethodiuS;
im Jahre 4859 das 50jährige Priester«
Jubiläum des Papstes Pius IX.: im
Jahre 1871 das in der Geschichte der
Päpste seit den Tagen des h. Petrus
nicht dagewesene 25jährige Jubiläum der
Thronbesteigung des Papstes Pius IX.;
im Jahre 1873 das 900jährige Jubelfest
der Errichtung des Prager BisthumS,
und am 45. August 1875 feierte der Car«
dinal selbst das 25jährigeJubiläum seiner
Prager erzbischöflichen Würde, anläßlich
dessen er ein vom 14. August v . I . datirteS
Handbillet Sr. Majestät erhielt, in wel«
chem neben dem Glückwunsche auch eine
Anerkennung der angestammten unwan«
delbaren Treue und Anhänglichkeit des
Cardinals an das Kaiserhaus, und welchen
Werth der Kaiser darauf lege, ausge-
drückt war. Von Seite Sr. Heiligkeit
des Papstes erhielt der Fürst bei dieser
Gelegenheit eine in einen kostbaren Rah»
men eingefügte, werthvolle Elfenbein«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon