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Schwind) Moriz 186 Schwind) Moriz
Höhepunct seines Schaffens erst gelangte, als
der König stine Sammlungen so zu sagen ab«
geschlossen hatte." — A o. Zahn über
Schwind. Bemerkenswerth ist es in den Ur»
theilen über Schwind, daß jeder Brurtheiler
— und wir meinen darunter eben nur Män»
ner vom Fache — eine besondere Eigenthüm-
lichkeit dcs Künstlers hervorhebt. Und das ist
ja eben das Zeichen des Genius, daß jedes
Auge an ihm einen besonderen Vorzug erschaut,
wodurch sich bei einer Gesammtübersicht eine
Reihe von Vorzügen ergibt, von denen ein
kleiner Theil schon hinreichen würde, ihm die
Meisterschaft zuzuerkennen. Denn daß es
wieder Männer gibt, die diese Vorzüge nicht
anerkennen oder gar nicht sehen, will nicht
viel sagen, und nirgends als in der Kriti!
gilt die alte Phrase: auch solche Käuz,
muß eö geben. Ein besonders, durch das
Hervorheben eines, von anderen Kritikern ga>
nicht gewürdigten Umftandes, bemetkenswer
thes Urtheil ist jenes vonA. V.Zahn, welches
er in v. Lützow's „Blättern für bildende
Kunst" ausspricht, welches ganz anzuführen
uns leider der Raum verbietet, wovon jedoch
hier eben die bezeichnendsten Momente
vorgehoben werden sollen. Indem Herr von
Zahn auf Sch Wind's früheste, bei Dr,
Hol land unter den Incunabeln aufgezeich»
tm Arbeiten zu sprechen kommt, meint er,
diese um das 20. Jahr des Meisters entstan.
denen, haben so gar keinen Zug von seiner
künftigen Kunstweise, daß deren nachherige
rasche Entwicklung in der That höchst er>
staunlich erscheint. „Conventionrll" ist ein
viel zu milder Ausdruck für diese knochen»
und ausdrucklosen Püppchen. deren rundlich
unanimirte Umrisse, üderschlanke, gedrehte
Füße, auf die allerungünstigsten äußeren Ein«
siüsse — ob des Schnort'schen Ateliers oder
anderer befreundeter Künstler? — hindeuten.
sHerr von Zahn hat doch wohl die bemer»
kenswerthe Suite „Der Hochzeitszug" über-
sehen, der schon damals diese Löwenprante
des Crayons ahnen laßt.) Als dann. wie eine
plötzliche Erneuerung, der Einfluß der Mün-
chener Schule von Cornel ius über ihn
kommt, bleibt zunächst noch Vieles von den ju<
gendlichen Typen in seinem Style zurück.. ..
Es erscheint daher immer höchst merkwürdig,
wie Schwind mit einem Male im Oel<
gemälde des „Ritter Kurt" (1837—1838) die
neue ihm eigenthümliche und zusagende For-
mensprache findet, der er dann im Wesent»
lich n bis zu seinem Tode treu geblieben ift und die als der „Styl Schwi.nd's" einen
besonderen Platz in der neuen deutschen.
Malerei einzunehmen scheint
Schwind bildete sich wie Genel l i ,
mit dem er in dieser Beziehung immer in
Parallele zu nennen ist. eine ganz eigenthüm»-
liche Formensprache, welche keineswegs blos
künstlerische „Handschrift" ist. sondern auch
in Revroductionen und sehr ungenügenden
Nachbildungen ihren Grundzug nicht verken«
nen läßt. Das Aeußerliche davon ist im
Gegensatze zu den Plastisch bewegten Gestal«
ten, die er bisher dargestellt, die Entdeckung
des specifisch malerischen Reizes der Umrisse
in der Fläche, der rhythmisch umgrenzte-
Schattenriß und seine inneren Züge. Durch
alle seine Werke, auch durch seine Aeuße-
rungen über Kunst klingt es wieder, wie Sch.
sich dieses Elements seines malerischen Schaf«
fens bewußt war. „Der Contour ist die Haupt«
fache", „die Glasmalerei ist der Grund der
deutschen Malerei" — sind die den Schülern
eingeprägten Aussprüche, und man begreift
vollkommen, daß gerade Schwind mit
wunderbarem Geschicke die Kunst deß Aus»
schneidens für allerhand scherzhafte Erfin-
dungen ausübte. . . . Eine „Entdeckung",
wie ich es nannte, war dieß Mittel des ma»
lerischen DarstellenS für S ch w ind insofern,
als er in seinen Jugendarbeiten kaum eine
Spur der Stylisirung für die Fläche er»
kennen läßt. Aber auch in München wird
die LehreinwirkuNss und das Beispiel der äl-
teren Kunstgenossen ihn nicht unmittelbar
darauf geführt haben Ganz anders
suchte der leichtlebige und nach Anmuth dür»
stende Wiener seinen Weg, als die Studien«
genossen im Atelier des Cornel ius, die
ihm mit ihrer „Weinerlichkett und Nnfceund.
lichkeit". an' tiefsinnigen, augenrollenden unt>
gliederverdrehenden Cartons wurzelnd, gründ»
lichst zuwider waren. Er fand — wohl ohne
zu suchen und von seinem guten Genius ge-
leitet — was ihm, „der alle und jede schade
liche Einwiikung der Zeit erduldet, das einzig.
Richtige war". Aus den Werken des italienischen
Quat t rocento i^ch erinnere an den be
kannten Stich der 8srvitä nach ^ItodsIIo
äs Uylloui, der „schwino'schec" ist als alle
altdeutsche) und des früheren Mittelalters^
romanischen und frühgothischen Styls, in
welchen die Erbschaft der Antike, noch in den
Verhältnissen und dem Rhythmus der Linien,
fühlbar ist, schöpfte Schwind, wie mir
scheint, diejenigen „romantischen" formalen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon