Seite - 202 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Schwarzenberg-Seidl, Band 33
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202 ScitovsKy
nahm es zugleich über sich. als erste,
Würdenträger des Landes in Ermange-
lung eines Palatins, die Petition vo,
den ah. Thron zu bringen. Dieselb
wurde durch den damaligen Minister de
Innern zurückgewiesen. Der Cardina
berief sich zur Rechtfertigung seiner Tha
auf sein Gewissen, auf seine patriotisch
Pflicht und auf seine dynastischen Gefühle.
Er glaubte, daß die Erhörung dieser Pe>
tition der Monarchie zum Nutzen gereichen
weide, und obwohl man ihm diesen
Glauben in höheren Kreisen sehr übel
nahm, so vertheidigte er sich doch nich
damit, wie man damals von einem Bi
schofe erzählte, daß ihm die h. Gisela er>
schienen sei und ihm das Unterschreiben
der Petition angerathen habe. Am St.
Stephanstage des Jahres 1860. als zu
dieser Nationalfeier so zu sagen das halb
Land nach Ofen strömte, führte er selbst
die H5rocession an, obwohl er wußte, da
unter den damaligen Verhältnissen dies<
Feier einen politischen, demonstrativen
Charakter hatte. Scitovszky hatt,
politischen Muth und bewies ihn, wei
es seine politische Ueberzeugung war. Am
10. December 1860 fand in den Vor«
Mittagsstunden in Gran seine Installation
als Oomes supreums ^er^stuiiL) wie
solche nur noch der Palatin und der
Erzbischof von Erlau bekleiden, Statt.
Nach einer erhebenden Rede wurden daS
Comitat wieder hergestellt, die historische
Basis angenommen und als Ausgangs-
punct aller Thätigkeit die Gesetze von
4843 ausgesprochen. Bald darauf, am
18. und 19. December, fand auch die Pri«
matial'Conferenz in Gran Statt, welche
beschloß, den Kaiser zu bitten, er möge
die Vornahme der Landtagswahlen nach
den 1844er Gesetzen gnädigst gestatten.
Auch bei dieser Conferenz wurde schon in
der Eröffnungsrede auf die Basis von 1848 hingedeutet. Personen, welche die-
sem politisch'interessanten Acte beige,
wohnt, berichten, wie der alte, gastfreie.
PrimaS, nachdem das 1848er Wahlgesetz,
für den nächsten Landtag acceptirt wor-
den, strahlenden Blickes sich erhob und
mit den Worten: „Nun, es ist ja ange«
genommen! Jetzt aber auch gleich zu?
Tische'." — Auf dem 1861er Landtage
hatte sich der PrimaS eigentlich für keine-
Partei entschieden, doch rieth seine Rede
zur Nachgiebigkeit. — Am 22. August
wurde gesondert in beiden Häusern das
vom 2 l . August datirte kön. Rescript.
welches die Auflösung des Landtages»
verfügte, vorgelesen. Hiermit hatte Un»
gärn auch seinen achtmonatlichen Schein-
Parlamentarismus verloren — in tiefe
Trauer verfiel daS ganze Land, und als
die Negierung die Comitate zur Recru»
tirung aufforderte, erklärte der Primas
in seinem Antwortschreiben als Ober«
gespan des Graner Comitates, daß die
Comitatsjurisdiction ihre Beamten hierzu
nicht verhalten werde, schiderte ferner die
trostlose Situation deS Landes und irbat
die baldige Einberufung deS Landtages.
Bis dahin mögen Steuer- und Recruten-
frage verschoben, von der militärischen
Steuereintreibung aber abgegangen wer-
den. Am Schlüsse dieses Schreibens
heißt es: „Ich erachte es als meine un>
umgangliche Psticht. alles dieß Ew. E)>
cellenz zu unterbreiten, damit ich nicht
einst deS Schweigens beschuldigt werde.,
damit es nicht den Anschein habe, als ob
ich gleichzeitig gegen die Gefährdung der
Dynastie und des Staates sei, für welche
ie größten Opfer zu bringen ich stetS-
bereit war und bin:c." — Sci tovszky
wurde nach Wien berufen, und als ihm
seitens der Regierung zu verstehen ge-
geben wurde, daß er Alles Sr. Majestät
iu verdanken habe, anerkannte er dieß in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon