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Sealsstelh 234 SealZsield
sehen davon, daß ihm das große poe<
tische Talent, das in seinen Werken sich
offenbart, angeboren war. Sealsf ie ld
hat zwar selbst nie zugestanden oder gar
ausdrücklich erklärt, daß er und jener
flüchtige Kreuzherren > Mönch Namens
Kar l Postl eine und dieselbe Person
seien, aber abgesehen davon, daß sein
Testament ein großer Beleg für diese Vei>
mutlumg ist, so stimmen das Gebuns»
oatum auf dem naä^ seiner Angabe
ausgeführten Grabsteine iü Solothurn,
unter dem er als Ch arlc s Se als fi e ld
cudt. mit dem Datum im Pfarrbuche in
Poppih, n?.ch welchem am 3. Mai N93,
dem dortigen Ortsrichter Anton Postl
ein Sohn Kar l geboren worden, bis auf
den Tag überein', und dann war seine
Aehnlichkeit mit den noch lebenden
P o stl's so groß, daß als ein Monat nach
Sealsfield's Tod sein Bruder Joseph
in der ErbschaftsangeleZenheit nach So>
lolhurn kam. alles über die merkwürdige
Aehnlichkeil. deS Lebenden mit dem Todten
groß erstaunt war. Das Testament ist
beinahe veratorisch, da er sich darin selbst
zum Erben einsetzt. Es ist seinem Wort-
laute nach inKertbeny's «Eriimerun-
gen an Charles Sealsf ie ld" S. 9?
bis l(!2 abgedruckt und wird als Sache
rein privater Natur weiters auf die
Quelle hingewiesen. Außer den ober«
wahnlen Schriften hatte S. noch Mehre»
res geschrieben, so seine .Memoiren", dann
eine. Erzählung: „Gin Nann ans
und einen großen Roman: „
als Gegenstück zu seinem „siiben nnü
Nmdln". Aber vor seinem Ableben hatte
er diese, wie alle seine übrigen Schriften
und Papiere verbrannt, um gleichsam
keine sichere Spur über seine Persönlich,
keit zu hinterlassen. Nur ein vergilbtes
zerschnittenes tintenbeklexteS Schreibheft,
dessen er sich als Unterlage beim Schreiben bedient haben mochte, das zufällig in
einer Schublade steckte und so seinen
Blicken entzogen war. war der Vernich-
tung entgangen und von Sealsf ield's
Bruder, der es an sich genommen, an
Alfred Meißner geschickt worden, der
mit unsagbarer Mühe daraus die groteske
Erzählung: „Die Grabesschuld" zusam-
menbuchstabirt und dieselbe zuerst im
Feuilleton der „Neuen freien Presse",
dann aber als „Nachgelassene Novelle
von Sealssield", unter obigem Titel (Leip»
zig 1873. Günther) herausgegeben hat.
Sealsf ie ld war unverheirathet geblic»
ben, obwohl er wiederholt daran war,
sich zu vermalen. Das erste Mal war er
mit einem Madchen aus- Louisiana ver>
lobt; ein Cedersplitter. der ihr in den
Fuß gedrungen, war in dem heißen, jeder
Verwundung gefährlichen Klima die Nr»
sacke ihres raschen Todes. Sea ls f ie ld
soll dieses, ihm so theure, durch den Tod
entrissene Wesen in der „Alexandrin e"
in seinem „Cajütenbuche" verewigt haben.
Ein zweites Mal fesselte ihn eine schöne
Quäckerin, doch die Erklärung der Eltern
des Mädchens, dasselbe nur einem An»
gehörigen ihres Glaubens zu vermalen,
löste auch dieses Verhältniß. Sein
inniger Verkehr mit Elise Meyer in der
Schweiz, einem Mädchen, das, als eg
mit ihm bekanntwurde, noch im zartesten
Iugendalter stand, und bereits von einem
schweren unheilbaren 3eiden heimgesucht
war, ist nur als ein Verhältniß zärtlicher
Freundschaft seinerseits, hingebungsvoller
Pietät undTheilnahme ihrerseits anzusehen
und nie anders angesehen worden. Man
hatte noch bei S.'s Lebzeiten die müßige
Frage aufgeworfen, welcher Religion S.
angehört habe. Kertb e ny hatte in ihm
sogar einen Juden gewittert, wogegen daS
ganze Gesicht sprach, dieser ausgesprochene
Typus eines Hanaken oder Czechen. ohne
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon