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) Leopold 297 Sedlnihky, Leopold
Einsicht auf, ein wie mächtiges Werkzeug
zur Erreichung dieses Zweckes der Jesui-
tenorden werden kann. Es wurde ihm
klar, daß dei der großen Macht des römi-
schen Stuhles mit Hilfe der Curie, der
Jesuiten und der Diplomatie die von
Gott in seiner Kirche gestiftete aposto»
lische Ordnung nochmals zerstört
werden könnte, aber auf Kosten des
Friedens der Kirche. deS christlichen
Staates und der christlichen Familie.
Zwei Iahrzehnde hindurch beschäftigte
sich Graf Sedlnitzky auf das Eifrigste
mit dem Studium der Kirchengeschichle,
und nun erschien die ganze Glorie der
apostolischen Zeit vor seinem geistigen
Auge. während der Heiligenschein der
Päpste immer mehr und mehr erblaßte.
Im Jahre 4833 starb der Fürstbischof
von Schimonsky. Das Capitel er«
wählte den Grafen Sedlnitzky als
ältesten Prälaten zum Bisthumsverweser,
dann einstimmig zum Bischöfe. Erst auf
Wunsch seines Königs nahm, der Graf
die Wahl an, der wiederholte Berufungen
auf einen bischöflichen Sitz entschieden ab»
gelehnt hatte. Aber eine römische Partei
hatte bald sich gegen ihn gebildet und
über jede seiner Maßregeln in gehässig-
ster Weise nach Rom berichtet. Anonyme
Drohbriefe und Pamphlete erschwerten
ihm in nicht geringer Weise sein oberhirt»
liches Amt. Indessen errichtete der Fürst-
bischof in Breslau eine Anstalt zur He»
bung der Vorbildung der katholischen
Geistlichkeit, für welche der Konig
40.000 Thaler bewilligte. Da erhielt
er, statt auf üblichem, amtlichem Wege,
unter der Hand durch dritte Perso»
nen ein vom 18. Jänner 1839 datirteS
Schreiben des Papstes Gregor XVI.,
daS er seinem Inhalte nach anfänglich
für apokryph hielt und nicht weiter be»
achtete, bis er, darauf wiederholt auf« merksam gemacht, darüber sorgfältige
Nachforschungen anstellte, welche ihn bald
von der Aechtheit des Schreibens über«
zeugten. I n diesem Ecr-reiben beschul,
digte der Papst den Bischof, daß er An-
laß zu allgemeinen Klagen wegen seines
pflichtwidrigen Gebarens gebe. daß er in
der so wichtigen Angelegenheit der ge«
mischten Ehe gesetzwidrig verfahre, daß
er. ungeachtet die Bücher deS Hermes
vom h. Stuhle verworfen sind. doch ein
Begünstiger der Hermesianer sei. daß er
seinem h. Amte- untreu geworden, und
dergleichen Vorwürfe mehr. Auf dieses
Schreiben antwortete S. am 18. Juni
1839 in würdigster Weise, alle Anklagen
entschieden widerlegend, spricht aber zu«
gleich den Entschluß aus, die Bischofs-
würde niederzulegen. Dieses Schreiben
sendete aber der Graf nicht unmittelbar
an die Curie, sondern, der Vorschrift ge«
mäß, an daS geistliche Ministerium nack
Berlin, durch welches eS an seine Adresse
nach Rom gelangen sollte. Nun erhielt
der Bischof die Nachricht, der König
wünsche, daß die in seinem Schreiben die
Resignation betreffende Stelle wegbleiben
möge, da der König die Ueberzeugung
trage, die von dein Bischof vorgebrachten
Gründe würden nicht unbeachtet bleiben.
Nach Jahresfrist erhielt Graf S. ein
zweites päpstliches Schreiben — wieder
voller Vorwürfe und Anklagen, welche
nur noch scharfer und eindringlicher lau»
teten. Der Graf entwarf seine Rück«
antwort, worin er sich lediglich auf sein
früheres Schreiben berief und nunmehr
sein Amt entschieden ohne Rückhalt nie-
dcrlegte. Mit diesem Entwürfe reiste
er nach Berlin, wo inzwischen Friedrich
Wi lh elmIV. die Regierung angetreten
hatte. Die Durchlefung des päpstlichen
Schreibens hatte den König sofort die
verwickelte Sachlage erkennen lassen. Aber
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon