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Seibt, Karl Heinrich 327 Seidig Karl Heinrich
den Stellen und selbst bei der Kaiserin
denuncirten und alle Mittel anwendeten,
ihn zu verderben. An der Spitze seiner
Gegner stand Graf Wieschnik in Prag
und die Triebfeder seiner Verfolgung
waren die zwei Erjesuiten Schönfeld
und Herz und der damalige Bibliotheks«
CustosMende, welch' letzterer, ein ver«
dorbenes Subject, das später mit Selbst-
mord endete, Auszüge auS seinen Schrif»
ten machte, einzelne Satze aus ihrem
Zusammenhange riß und in sophistischer
Weise ihren Sinn verdrehte. Auch be>
schuldigte ihn Mende, daß er seinen
Schülern verderbliche Schriften zur 3ec»
ture empfohlen habe, kurz, er brachte
allerhand vor, um Seibt'S Verhalten
in das nachtheiligste Licht zu stellen, was
auch zur Folge hatte, daß ein Klage«
Protokoll gegenS. aufgenommen wurde,
dessen Folgen nur durch die Gerechtig«
keit der großen Kaiserin abgewendet
wurden.' Johann Freiherr von Kotz,
Seibtg Freund, hatte diesen überedet,
um dem durch die Jesuiten in die An»
dachtsbücher eingeschwarzten ZelotismuS
den Garaus zu machen, ein Gebetbuch zu
schreiben, welcher heiklichen Aufgabe S.
sich auch unterzog und sie mit dem glück«
lichsten Erfolge löste, denn noch heutzu»
tage zählt Seibt's Gebetbuch zu den
besten und gesuchtesten Andachtsbüchern.
Dieses Gebetbuch aber war der nächste
Anlaß der gegen Seibt vorgebrachten
Anklage, wobei mit einer absichtlichen
und ungerechtfertigten Strenge verfahren
wurde, ii'.dem man Seibt geradezu be>
schuldigte, gefährliche Lehren vorzutragen
und durch ein Gebetbuch unter die Massen
zu verbreiten. Kotz, die Gefahr, welche
seinen Freund bedrohte, erkennend, eilte
nun heimlich nach Wien und wußte es so
einzuleiten, daß der Kaiserin ein Exemplar
dieses so gefahrlichen AndachtSbucheS in die Hände kam, wobei sie zugleich von
dem gegen Seibt eingeleiteten Unler»
suchungsverfahren in Kenntniß gcsetzt
wurde. Die Kaiserin las nun selbst
Seibt'S Gebetbuch und war. selbst eme
fromme Frau, über die Lecture desselben
im hohen Grade erbaut und so zufrieden»
gestellt, daß die Dinge einen ganz anoc«
ren Gang nahmen, als Seibt'S Feinde
beabsichtigt hatten. Seib t wurde für
unschuldig befunden und durch Kotz im
Auftrage der Kaiserin, „damit er". wie
die Kaiserin sagte, „eine schlaflose Nacht
weniger habe", von diesem AuSgange der
Untersuchung sofort benachrichtigt. Als
Seibt dann nach Wien kam, um der
Monarckin in Person seinen Dank für so
viele Huld auszusprechen, ward ihm die
gnädigste Aufnahme zu Theil. Und nach
seiner Rückkehr überreichte Kotz im Na«
men derKaiserin demFreunde ein Schach«
telchen, das einen kostbaren Diamant»
ring und noch etwaS Kostbareres enthielt,
nämlich ein eigenhändiges Billet der
Kaiserin des Inhaltü: „Meinem lieben
Seibt zum Andenken. Maria Theresia".
So lösten sich die dem edlen Manne hin«
terlistig gelegten Fallstricke in volle Huld
und Gnade der Monarchin auf. Nun
blieb er fürderhin unangefochten und
konnte durch Wort und Schrift auf das
Wohlthätigste wirken. Seibt'S Wirk-
samkeit ist auch in der That nicht gering
anzuschlagen, vornehmlich hatte er sich
während seines 23jährigen Wirkens als
Professor der scbönen Wissenschaften,
welche er in deutscher Sprache vortrug,
um die Verbreitung derselben in den ge«
bildeten Classen deS Volkes unbestreit»
bare Verdienste erworben. Seine fchrift«
stellerische Thätigkeit umfaßt in chrono-
logischer Folge nachstehende Arbeiten:
„Van dem Ointlnsse der schönen Wissenschaften
ans die Ausbildung brs Verstandes. Oine Nebe"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Band 33
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Schwarzenberg-Seidl
- Band
- 33
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon