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Seidlitz, Julius 1
kelnden Wesen erklärbar, trieb er immer
wieder fort und so trat er zur «Presse" über,
die damals schon ein Blatt im großen
Maßstabe war und hohe Politik trieb.
An derselben schrieb er politische Lcitarti.
kel und für das Feuilleton Pseudonym
Romane, deren er auch aus fremden
Zprachen übersetzte. Nachdem er bei der»
selben mehrere Jahre thätig gewesen,
gründete er selbst, u. z. unter den ungün.
stigsten Verhältnissen — ein politisches
Volksblatt, die „Wiener Vorstadt-Zei«
t ung", und bewährte auch da seinen alten
journalistischen GeniuS, denn, obgleich
dem neuen Blatte viele andere, ältere
und immer neu auftauchende große Con-
currenz machten, hielt es sich nicht nur
jelbst. sondern gewann allmälig eine
solche Bedeutung, daß seine tägliche Auf.
läge bald auf 20.000 Exemplare stieg
und eS daS einfluß» und gewinnreichste
der Wiener Kreuze»Blätter wurde. Die»
sen Absatz verdankte das Blatt Vorzugs,
weise der fast unglaublichen Thätigkeit
seines Gründers, der Alles selbst schrieb,
populäre, politische und soziale Leitarti«
kel, und durch zweckmäßige anregende
Einrichtungen, wie z. B. durch diePreis«
fragenfürArbei ter , welche ebener
in's Leben gerufen, seine Leser und Ab«
nehmer in immer näheres Interesse zu
ziehen verstand. Während er aber dieses
täglich einflußreicher werdende Volksblatt
redigirte, schrieb er nebenbei politische
Flugschriften und gründete noch ein zwei«
teS Blatt, die in kurzer Zeit sehr beliebt
gewordene Wochenschrift „Feierstunden".
Auch dieses Journal, das sich allmälig
zu einem Familien-Iournal emporge«
schwungen, gewann in Oesterreich bald
eine Verbreitung, wie einer ähnlichen bis»
her kein zweites sich zu erfreuen gehabt.
Hatten die Verleger es verstanden, mit
den Anforderungen der Zeit vorwärts SeidUH, Julius '
zu schreiten, es wäre nicht von auswar«
tigen Unterhaltungsblättern, welche
prickelnden Text üud saubere Illustrativ,
nen brachten, überflügelt worden. Nicht
lange sollte Seid litz die Früchte seiner
Mühen genießen, als eben die genannten
Blätter eine immer größere Verbreitung
gewannen und S. daran war, sich an
dem Ertrage seiner Schöpfungen zu er»
freuen, legte der längst kränkelnde, immer
schwächlich aussehende und trotzdem rast»
los thätige S. sich zum Sterben nieder.
Bis dahin der israelitischen Religion treu,
trat er, um einem jahrelangen Herzens«
bündniß die kirchliche Weihe zu geben,
wenige Tage vor seinem Ableben zum
Christenthums über und ließ sich acht
Tage danach mit dem Weibe seines
Herzens trauen, auf welches auch einige
jener Rechte übergingen, welche S. mit
der Gründung der genannten Blätter er«
worben. Die Witwe heirathete einige
Jahre später den bekannten Schriftstel»
ler August Si lberstein. Mit Seid-
litz ging eine journalistische Persönlich,
keit unter, wie sie nicht liäusig zu finden.
Mit einer vielseitigen, nicht oberflächlichen
Bildung besaß er einen Scharfblick ohne
Gleichen für die geistigen Bedürfnisse der
großen Menge und ein eben solches Ta»
lent, sie derselben mundgerecht vorzulegen.
Hätte er die Kraft und Gabe der Rede
in dem Grade besessen, wie er das Talent
besaß, zu redigiren: er wäre ein Agitator
und als solcher von mächtigstem Einflüsse '
geworden. SeinName ist imHmblick auf die
Thätigkeit, die'er entfaltete, wenig bekannt
geworden, obgleich er, denn S. war einer
der produktivsten Schriftsteller Oester-
reichS, eine solche Menge von publicisti«
schen und belletristischen Arbeiten, freilich
meist in Leitartikeln und Feuilletons, lie«
ferte, daß auch nur annäherungsweise
das Quantum nicht anzugeben ist. Einer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Band 34
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Seidl-Sina
- Band
- 34
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon