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92 Sempen)
sein Plantagenbesitzer gehörte der ultra»
spanischen Partei an, welche damals all-
gemein angefeindet wurde. Und in der
That, als eines Abends S. von einem
fernen Geschäftsgänge zurückgekehrt war,
fand er das Landhaus seines Herrn von
einerBandeFreibeuter überfallen; Herrn,
Frau und einen Bruder der Letzteren bereits
ermordet. Sempenz selbst wurde nebst
noch zwei Europäern, die stch eben da-
selbst befanden, im Kampfe überwältigt,
geknebelt und mit mehreren Messerstichen
verwundet. Das Landhaus wurde dann
geplündert und zuletzt angezündet. S e m«
penz wurde nur dadurch vom Flammen»
tod gerettet, daß ihm ein gutmüthiger
Neger die Bande löste und stoh mit den
beiden anderen Europaern, die stch gleich«
falls von ihren Banden freigemacht, von
dem Schauplatze der Greuelthat, wo sie
ohnedieß gefährdet waren. Seine ganze
Habe, eine Summe von etwa 30W st.,
war geraubt, und was er noch besaß. be>
stand in einem großen ungarischen Mut«
lergottesstück, daS er seit seiner Kindheit
immer an seinem Halse getragen. Die
beiden anderen Gefährten nahmen sich
des verwundeten S e mp enz an. brach»
ten ihn nach Mexiko, wo S. nach zwei
Monaten so weit hergestellt war, um
ernstlich an feine Heimkehr zu denken,
nachdem alle seine Versuche, die Bestrafung
der übrigens allbekannten Mörder seines
Herrn und Räuber seiner Habe zu er»
wirken und Ersatz seines Verlustes zu er«
halten, gescheitert waren. Durch Ver»
Mittelung eines seiner Lebensretter erhielt
S. einen Dienst bei einem französischen'
Naturforscher, der aber, keiner anderen
als seiner Muttersprache mächtig. Jemand
an der Seite haben mußte, der Dollmet,
scherdienste verrichtete und Sempenz
war ganz der Mann dazu. Der Natur-
forscher reiste nach dem Cap der guten! Hoffnung und wollte dasselbe und die
SüdwestküfteAfrikas wissenschaftlich durch-
forschen. Sempenz segelte nun mit
seinem neuen Gebieter nach der Capstadt,
nach mehrmonatlichem Aufenthalte in
derselben nach St. Helena und den Azo.
ren und zuletzt nach England, wo er im
Sommer 4831 von derThemse an's Land
stieg, und nach zehnjährigen, wechselvollen
Fahrten wieder europäischen Boden be«
trat. Dann eilte er über Bremen seiner
Heimat zu. Seit er sein Vaterland
verlassen, war er in allen fünf Welttheilen
gewesen und daS Ergebniß seiner Fahrten
roar, wie er es selbst cniSsprach: „ich habe
rothe und schwarze, braune und
gelbe Menschen gesehen, aber diese alle
besser als die weißen gefunden". Ent»
setzliche Ironie auf die Segnungen der
Cultur und Gesittung! — In seiner Hei-
mat erhielt S. bald einen sehr einträg-
lichen Posten in einem Großhandlungs«
hause, wo er die englische, russische und
spanische Korrespondenz zu führen hatte.
Neun Jahre, bis l84l. blieb er in dieser
günstigen Anstellung, aber in einem Zu«
stände von Trunkenheit — auf seinen
Irrfahrten hatte er stch den Genuß gei»
stiger Getränke angewöhnt — überwarf
er sich mit seinem Principal, vergriff sich,
als dieser ihm mit Entlassung drohte,
thatlich an demselben und wurde nun
wirklich augenblicklich entlassen. Nun
ging eS mit ihm stetig abwärts. Er
trat wohl wieder hie und da in einen
Dienst, verlor ihn aber immer wieder in
Folge von durch seine Trunkenheit ver>
anlaßten Ausschreitungen. Schon war
er zum Lohndiener in etnem Pesther Hotel
herabgesunken. Drei Jahre versah er
musterhaft diese Stelle, als daS Jahr
1848 herankam. Bei Errichtung der
Honv6d'Bataillone bewarb er sich um eine
Ofsiciers« oder doch Feldwebelstelle, wurde
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Band 34
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Seidl-Sina
- Band
- 34
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon