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Senefelder 104 Senefelder
zufallige Entdeckung ihm wohl beim
Covircn der Gesangsstücke für Choristen,
wozu er ebenfalls verpflichtet war. von
großem Nutzen sein könne. Mit diesem
Gedanken sich beschäftigend, stempelte er
die noch übrigen Contremarkcn und ging
dann aus. um größere Steine von der
Art des Schleifsteins zu kaufen und einen
Versuch mit der Erfindung anzustellen,
auf die er durch einen leichten Zufall des
vorigen AbcndS gerathen war. Der Zufall
hatte ihn die Entdeckung des Abdruckes,
der ohne sein Zuthun erfolgt war, machen
lassen, nun erst beginnt die sinnreiche
Thätigkeit des Erfinders, der diesen Um-
stand Schritt für Schritt systematisch,
anfanglich zunachstfür seine Zwecke,
später für die allgemeine Nutzanwendung
verfolgte. Senefelder überzog nun
zum Farbenreiben bestimmte Platten aus
Kehlheimcr Kalkschiefer mit Wachstinte,
trug auf diesem Grunde die Schrift ver»
kehrt auf. ätzte sie mit Scheidewaffer und
druckte sie ad. Dcr Vcrsuch war gelungen.
Auf diese Art hatte S. die vertiefte
Manier des Steindruckes erfunden. Nun
folgte im Jahre 1796 die Erfindung der
erhöhten Manier, indem er mit feiner
Fetttlnte auf dem abgeschliffenen Steine
schrieb und ihn dann mit Scheidewaffer
ätzte. Diese Erfindung weiter zu verfol»
gen und allgemein zu machen, dazu fehl»
ten ihm die Geldmittel. Um sick solche zu
verschaffen, wollte S. um 2()l) Gulden
als Stellvertreter eineS Anderen bayeri»
scher Artillerist in Ingolstadt werden.
Glücklicherweise kam es nicht dazu. Die
Münchener kon. Akademie der Wissen»
schaften, welche S. von seiner Entdeckung
in Kenntniß gesetzt und um Unterstützung
gebeten, soll ihm nur eine unbedeutende
Beihilfe von 12 Gulden gegeben haben!
Aber die Noth beeinträchtigte nicht S.'s
Willenskraft. Fr versuchte zunächst den Steindruck auf Musiknoten anzuwenden,
was ihm auch vorzüglich gelang. Nun
trat er mit dem Hofmusiker Gleißn er
inVerbindung, dann mit dem Musikalien«
Händler Sa l te r in München, doch Man-
gel an guten Pressen und Ungeschicklich'
keit der Arbeiter ließen das Unternehmen
nicht aufkommen. Um der Hauptschwie»
rigkeit, dem Verkehrtschreiben auf Stein
zu begegnen, erfand S. eine Tinte aus
Leinöl. Seife und Kienruß. die von einem
geschickten Notenschreiber auf Papier ge»
bracht, von diesem auf den Stein über-
druckt und somit eine genaue verkehrte
Zeichnung lieferte. Bei dem Ueberdrucken
von Papier auf Stein nahm S enefe l»
der wahr. daß Nässe, z. B. die Gummi»
lösung, sich dem Anheften der fetten Tinte
widersetze. Um diesem Uebelstande zu
begegnen, erfand er die sogenannte cherni«
sche Druckerei oder die Kunst von Papier
auf Papier überzubrücken. Diese Erfin«
düng führte nun auch auf Versuche, eine>
Steinplatte so herzurichten, daß sie nur
an der mit fetter Tinte bezeichneten Stel-
len Farbe annehme und an der nassen
ihr widerstehe. Auch dieses gelang und
die chemische Steindruckerei war zu
Stande gebracht. Im Jahre 1799 erhielt
S. ein Privilegium auf 13 Jahre und
die Andre'sche Musikalienhandlung in
Offenbach zahlte für die Erlaubniß, ihre
Noten
chemisch zu drucken, dem Erfinder
der Methode 20N0 Gulden, daS war im
Jahre 18W. öenefelder war nun.
bemüht, auch im Auslande sich die Prio«
rität. die Vortheile seiner nun in unge»
ahntei Bedeutsamkeit erscheinenden E»
sindung zu sichern. Er ging zu diesem
Behufe vorerst nach London, wo ihm be-
reitwillig das britische Erfinderpatent
verliehen wurde; dort erfand er den
Druck mit mehreren Platten, den Druck
in Aquatintamanier. und dort druckte er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Band 34
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Seidl-Sina
- Band
- 34
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon