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über seine feurige und schlagende Art, zu
sprecben, in dem größten Erstaunen, aber
zehnmal mehr noch entzückt, ick möchte
sagen, über daS himmlische Schauspiel,
wie eine Empfindung sich in ihm aus dem
Innersten fest und stark heraufdrängt.
Sein Blick, Ausdruck und eine gewisse
Scham sind geradezu hinreißend". Das
fällt in das Jahr 1830. Senn war da.
mals bereits 38 Jahre alt und — Liebte
nant. Nachdem er aus dem Militär«
dienste ausgetreten war. wurde er. um
seine Jage zu verbessern. Schreiber bei
einem Advocaren. Sein Talent verhalf
ihm aber bald weiter, er wurde Conci»
pient. Da zum Unglück entzweite er sich
mit seinem Brodherrn und verlor feine
Stelle. Nun versuchte er es als Iourna«
list; aber damals gab eS damit nirgends
— am wenigsten im Lande Tirol, wo
Schriftsteller»:! für nichts weniger denn
ehrenhaft galt — etwas zu verdienen.
So gesellte sich zu dem Sckmerze eines
verfehlten Lebens noch das Aufgeben
jeder Hoffnung, eine seinem Talente, sei»
nem Ehrgeize entsprechende Stellung zu
erlangen. Er wurde schroff, verdrießlich
und suchte bei der Rumflasche Trost. Man
hatte ihn nie eigentlick betrunken gesehen,
er war nur allgemach mehr und mehr
zerfallen, aus seinem fahlgewordenen An»
gesichte lachten Hohn und Menschenhaß.
Sein mehrerwahnter Biograph schildert
ihn in dieser Zeit folgendermaßen:
„Schweigend saß er beim Glase, ein klei»
ner, breitschulteriger Mann, mit großem
Kopfe, die hohe Stirne von schwarzem
Haar wild umflogen, unter den buschigen
Brauen loderten unheimlich die dunklen
Augen. Schloß sich um ihn ein Kreis
Studenten, deren er viele auS der Biblio«
thek kannte, wo er gewöhnlich über
Hegel brütete, so ließ er sich auch wohl
bewegen, ein oder das andere seiner Ge> dichte, am liebsten„Llapllleun", vorzutragen.
Es geschah mit einem eigenthümlich
dumpfenDröhuen der Stimme. Dann ver-
sank er leicht in Sinnen, schüttelte den
Kopf und rief mit schmerzlichem Lachen:
„Glaubt mir. es ist alles nichts, nichts,
nichts!" Im Herbst 1837 erkrankte er.
i kam in's Spital und starb in demselben
im Alter von 63 Jahren. Von feinen
Arbeiten ist nur wenig im Druck erschie-
nen; während seiner Soldatenzeit einige
geographische Aufsätze, unter anderen
einer über das Wassernetz von Morea,
welcke in Wiener Blattern abgedruckt
wurden. Eine Sammlung seiner poeti»
schen Arbeiten erschien unter dem ein-
fachen Titel: „Gedichte unn Inh an n Z enn"
(Innsbruck 1838. Wagner's Buchhandl..
160 S., 8o.). Wer jedoch aus dieser Ge-
dichtesammlung auf Senn's poetischen
Genius schließen wollte, würde fehlgehen.
Das ist nicht Senn in seiner Ursprung»
lichkeit und Gedankentiefe, das ist der
von der Censur verstümmelte, um seine
herrlichsten, begeistertsten Stellen vom
Censor mißhandelte Senn, und trotz
allcdem erkennt man noch immer, daß er
einer der Gottbegnadeten ist, welchen die
heilige Gabe der Dichtung verliehen ist.'
Immerhin wäre er wenig oder gar nicht
! beachret worden, hätte nicht FeuchterS«
! leben eine eingehende Beurtheilung
dieser Gedichte geschrieben, in welcher er
die poetische Bedeutung des verstummet,
ten Senn nachweist. Einige Jahre
nach S e n n's Tode erschienen noch „Glas-
Jen zu Garthr'5 FanZt. Zlns dem Nachlasse
Ke5 Verfassers" (Innsbruck 1862, 8".), wo-
von bald eine zweite Ausgabe veranstal.
tet wurde.
Der Aufmerksame (Grazer Unterhaltungs»
blatt, 4».) l837. Nr. 43.- „Totenfeier Mi»
ckael Oio) Senn's" uon Adolph Pi
ch
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!>uch abgedruckt nn Voten für Tirol 1837.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Band 34
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Seidl-Sina
- Band
- 34
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon