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s Friedrich 323 Friedrich
Ludwig, welcher dem Bittsteller in
spateren Jahren bleibende Gunst ge»
währte, machten diesen wieder zum Stu»
denten. Nach privatabgelegter fünfter und
sechster Gymnasial- stamalsHumanitäts»)
Classe, begann, nun S. das Studium
der philosophischen Fächer. Nun begann
aber auch der harte Kampf um des Da<
seius taglicke Nothdurft, welcher mehrere
Jahre dauerte, denn nicht immer gab eS
Unterrichtsstunden, mit deren Ertrag eine
warme Stube und die nöthige Kost bestrit.
ten weiden mußten, und sehr häufig galt
es in rühmlicher Ausdauer den Magen
büßen zu lassen, um einen botanischen
Ausflug in die näheren und ferneren
Umgebungen Wien's zu ermöglichen, die
dann nur mit etlichen, dem Munde ab»
gesparten Gulden ausgeführt werden
konnten. Freilich half da, wie schon oft
im Leben, auch die Freundschaft aus.
Cm College, der Sohn Gustav des wohl»
habenden Wiener Leinwandhändlers
Anton Wagner, mit dem S. während
der pharmaceutischen Studien sich be«
freundet und in dessen Familie er die
wohlwollendste Aufnahme gefunden hatte,
sprang nicht selten in entscheidenden
Fällen mit seinen Mitteln bereitwilligst
bei. und ermöglichte manchen botanischen
Ausslug sogar in die ferneren alpinen
Gegenden. Die erstere größere Alpenreise
trat S. im Sommer des Jahres 4340
an. Mit drei Freunden war er von Wien
aus aufgebrochen, aber die Genossen
zogen bald ihre eigenen Pfade, und S.
trat nun allein die Wanderung durch die
Steiermark, nach dem Salzkammergute
an. Da bot nun die Natur dem Forscher
und Künstler ungeahnte Reichthümer.
Eine Flora, deren Kinder er bisher nur
aus den Herbarien kannte, schauten seine
freudetrunkenen Augen in ihrer vollen
Farbenpracht. Die Felsen, die Berge, die Steinwüsten, die Gletscher, alles in
wechselvoller gigantischer Architectonik,
regten das künstlerische Auge mächtig an,
der Stift kam gar nicht mehr zur Ruhe,
wenn es galt alle diese Zauber und Eigen«
ihümlichkeitendesDackstemstockes —denn
dieses Gebirge durchwanderte er — auf
dem Papiere zu fesseln. Die auf vier
Wochen angesetzte Reisezeit hatte sich, ehe
S. sich dessen inne wurde, auf zehn
Wochen bereits ausgedehnt, aber in S.
auck einen Entschluß für die nächste Zu»
kunft zur Reife gebracht. Der mächtige
Eindruck, den S. von einem Ausblick des
an 9000 Fuß hohen Gjaidsteins auf das
Karlseisfeld, und den hinter ihm als
schroffe Zacke emporragenden Gipfel deS
hohen Dachsteins empfangen hatte, be-
stimmte ihn, in einem der nächsten Jahre
die Ersteigung dieser übel verrufenen
Spitze zu versuchen. Auch hatte ihm dieser
erste größere Ausflug in die Alpennatur
die Ueberzeugung beigebracht, wie wichtig
für den Naturforscher ein gewisser Grad
von Fertigkeit im Landschaftszeicknen sei,
und von nun an suchte er seine ursprüng«
licke Anlage zur Landschaftsdarstellung
möglichst auszubilden. Und auch die
Kunst des Schreibens, der wörtlichen
Darstellung des Geschauten, war ihm als
etwas nichts weniger denn Geringes und
Gleichgiltiges bewußt geworden, und in
allen diesen verschiedenen Richtungen ver»
folgte er wie in der wissenschaftlichen
seinen Weg mit Ernst und Ausdauer,
und als— Autodidakt. Um sich vor
jedem Einflüsse einer bestimmten Manier
zu bewahren, zeichnete er ausschließlich
nach der Natur, dabei stets jene Details
d-er Landschaft vor allem in's Auge fas«
send. welche ihm geologisch oder geogra-
phisch bedeutsam erschienen; es galt also,
um, so zu sagen, die Natur mit Wahrheit
wissenschaftlich darzustellen. So war cc
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Band 34
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Seidl-Sina
- Band
- 34
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon