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) Philipp Ludw. Wenzel 21 Siniendorf, Philipp Ludw. Wenzel
den Kurfürsten von Bayern. der damals
als Statthalter in den Niederlanden sich be>
fand, dann eine andere an den Kurfürsten
von der Pfalz, und da er seiner Aufgaben
mit Geschick sich entledigt, wurde er am
13. Juni 1693 Reichshofrath. Nach Abschluß
des Nyswiker Friedens, schickte ihn der Kai
ser 1699 als außerordentlichen Gesandten nach
Frankreich. Im August 1699 traf er in.Paris
ein und konnte erst am t. December zur
Audienz gelangen. Und warum diese lange
Verzögerung, während welcher sein großer Auf«
wand auf Staatskosten bestritten wurde? Es
handelte sich einfach um eine Frage des Cere.
moniells! Man verlangte von dem kaiserlichen
Gesandten, daß er während der Audienz bei
den königlichen Kindern sein Haupt entblöße,
indessen die Kinder das ihrige'bedeckt hatten,
da doch der französische Gesandte in Wien,
Marquis V i l l a r s , vor dem damaligen
Erb'Grzderzog Kar l sich bedecken wollte.
Dessen weigerte sich Graf S in z end orf und
nach langem Hin» und Herreden und weit>
schweiften Verhandlungen wurde endlich da>
hin entschieden, daß es bei dem bisherigen
Ceremoniell am königlichen Hofe zu verblei«
' ben und der Gesandte uor den königlichen
Prinzen unbedeckt zu stehen, daß aber auch
der Marquis von V i l la rs sich vor dem
Erzherzog Kar l in Wien nicht zu bedecken
habe! — Bei Ausbruch des Krieges im Jahre
l70l wurde der Graf nach Wien zurückbe-
rufen und nach seiner Rückkehr Ende Sep.
tember zum wirklichen geheimen Rathe er-
nannt. Im Jahre 1702 begleitete er den
Kaiser Joseph I. zu.r Belagerung von
Landau, ging nach dem Fall der Festung als
kaiserlicher Commissär nach Lüttich, wo er
am 28. November die dahin berufene Ver-
sammlung der Stände eröffnete und am
23. Jänner 1703 eine neue Regierung daselbst
einführte, nachdem der Kurfürst von Cöln Io>
seph Clemens von Bayern wegen Felonie
deS Fürstenthums verlustig erklärt worden.
Bald darnach erklärte er öffentlich in Lüttich
im Namen des Reichs den Krieg gegen Frank»
reich und Spanien und trat allen Maßnah«
men des abgesetzten Kurfürsten entgegen.
Nach der Eroberung von Limburg nahm er
im Namen des neu declarirten Königs
Kar l I I I . von Spanien die Huldigung ent<
gegen und begab sich dann als kaiserlicher
Bevollmächtigter zur Armee der Alliirten in
den Niederlanden- Im I . 1704 begleitete er
den römischen König zur neuerlichen Belage« rung von Landau. Nach dem Falle der
Festung kehrte er mit seinem Gebieter nach
Wien zurück. Als am 5. Mai 1705 Kaiser
Leopold I. starb und Joseph I. ihm
folgte, bestätigte dieser den Grafen in seinen
bisherigen Würden, ernannte ihn an Bu«
cellini 's Stelle zum OberstewHofkanzler.
welche Hofcharge er nun gemeinschaftlich mit
IohannFciedr ich Freiherrn, nachmaligen
Grafen von Sei lern ^Vd. XXXIV, S. 3!,
Quelle 4) theilte. Im Jahre 1706 begab er
sich nach dem Haag zu den Verhandlungen, in
welchen die im Namen Frankreichs von dem
Kurfürsten von Bayern den Seemächten Eng-
land und Holland gemachten Friedensoor-
schläge durch seine entscheidende Mitwirkung
abg'elehnt und die energischere Fortführung
des Krieges beschlossen wurde, worauf er auf
seinen Posten nach Wien zurückkehrte. Im
Jahre 1709 begab er sich neuerdings nach
dem Haag, wo wieder über den Frieden oer-
handelt, dieser aber dießmal von Seite Frank«
reichs verworfen wurde, da dü'sem die Oester-
reich betreffenden Bedingungen zu vortheil-
haft erschienen. Daselbst blieb er bis zum Ab«
schlusse des Friedens von Gertrudenburg und
kehrte im August 1709 nach Wien zurück. Der
Kaijer, der ihm schon im Jahre 17l)9 die Herr»
schaftHals in Böhmen geschenkt, beschenkte ihn
nun in Anerkennung seiner ersprießlichen Wirk,
samkeit mit der Herrschaft Schärding, deren
Erträgniß damals auf 20, bis 30.000 Reichs«
thaler angeschlagen wurde. Während einer
neuen Sendung nach dem Haag im Herbst
1710 fiel in die Zeit seines Aufenthaltes
daselbst das Ableben des Kaisers Joseph I.
(l7. April 1711). Nun ging er nach Frank«
fürt a. M. zur Kaiserwahl Karl 's VI . Nach
einer Sendung nach Italien, um dort An«
stalten zur Ankunft des neuen Kaisers zu
treffen und demselben im Lande das Geleite
zu geben, begab er sich mit dem Kaiser nach
Innüocuck. wo seine Bestätigung in der
Stelle des obersten Hofkanzlers erfolgte, we»
nige Tage darnach wurde er geheimer Rath.
Nun folgte er dem Kaiser zur Krönung nach
Frankfurt a. M., wo er als Reichs-Erbschatz.
meister die Krone trug und die Kröliungs«
münzen unter das Volk warf. Alm 1. Jan«
ner 1712 erhielt er das goldene Vließ und
ging darauf als erster Gesandter zum Con»
greß nach Ntrecht, wo die mehrmonatlichen
Verhandlungen für den Kaiser erfolglos vlie«
den. Im Mai 1713 nach Wien zurückgekehrt,
war er als,erster Conferenznünister bei meh.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon