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Skarbek, Stanislaws Skarbek. Stanislaus
Gedanke, nämlich der: durch eine großar»
tige Stiftung bei seinen Landsleuten sich
ein unvergängliches Andenken zu erringen.
Keine menschliche Seele ahnte auch nur
Etwas von seinem Vorhaben, zu dessen
planmäßiger Ausführung er sich durch
Reisen in den bedeutenderen Culturstaa«
ten des Continentes vorbereitete. Auf
diesen Reisen lobte er, wie daheim, knicke-
risch, besichtigte aber mit aller Genauig'
keit alle Wohlthätigkeits- lind Humani«
tätsanstalten und machte sick mit den vcr-
s-hiedenen Einrichtungen derselben, sie
rrüfend und ihre Zweckmäßigkeit erwä-
gend, genau bekannt. Endlich war der
Augenblick gekommen, und eS kam zu
Tage, womit stch der Graf, der Millionen
besaß und karger lebte als der Diener,
der ihn bediente, seic Jahren getragen.
Im Jahre !839 erklärte der Graf-der
Regierung, daß er sein kolossales Ver»
mögen wohlthätigen Zwecken widme. Am
1. August 4843 — bis dahin hatten die
Vorbereitungen zur rechtskräftigen Fas.
sung der großartigen Stiftung gedauert
— stellte der Graf die GründungSurkunde
einer Anstalt auS, die damals — Pea-
body halte noch nicht feine berühmten
Stiftungen gemacht — ihres Gleichen in
Europa kaum auszuweisen hatte. Auf
einem Boden, dejsen sumpfarliger Nieder«
schlag vorher Kröten und ähnliches Ge>
ihier hervorgebracht, ließ er in öemberg
ein prachtvolles Gebäude von einem Um»
fange ausführen, wie ihn kein anderes
Gebäude in Lemberg besaß. Im. mittle-
ren Schiffe deS großartigen Baues erhob
sich das große elegante Theater. Parterre
^nd drei Logenreihen hoch. und rings um
dasselbe eine Menge von Räumlichkeiten
zu öffentlichen Zwecken und Privatgerve»
bon, wie der Iandtagssaal. daS adelige
(öasino, das größte Kaffeehaus der Stadt,
viele Wirlhshauslocalitäten uud Privat«
l'Nurzö^ch. diogl- Lexikon. XXXV. sGkt Wohnungen. Die'Einkünfte dieses Riesen»
Gebäudes, ferner sene von 37 Dörfern
und vier Städten sollten zur Erhaltung
einer Armen- und Waisenanstalt von etwa
Eintausend Personen verwendet werden.
Sollte das Theater, dessen Oberleitung
.er einige Zeit selbst führte, zur Trweckung
des nationalen Bewußtseins und zur He»
bung der geistigen Entwicklung des durch
die jahrhundertlange Bedrückung uori
Seite des Adels und den SchnappS der
Iudenschenken völlig herabgekommeneli
Volkes beitragen, so sollte wieder die Ar-
men- und Waisen an stalt einerseits dem
Elend ein Asyl bieten und andererseits
dem Fortschreiten desselben Einhalt thun.
30.999 fl. von dem Erträgniß. dcs von
dem Grafen aufgeführten Tbeatergebau-
dcs wurden zur Erhaltung deS Theaters
und der dasselbe bildenden und umgeben«
den Baulichkeiten bestimmt. Sollte durch
unvorhergesehene Ereignisse däs Ertrag» -
niß diesen Betrag nicbt erreicren. so soll
dieselbe von den Einkünften der übrigen
bedeutenden Güter ergänzt werden. Alle
diese Anordnungen des Stifters bildeten
bei den nationalen Verwicklungen, die in -
den Jahren nach dem Ableben deS Gra»
fen fiä> folgten und als die Deutschenhche
begann, den Keim zu zahllosen Streit»
Objecten. Im Theater waren für deutsche
Vorstellungen 29 Tage im Monat nor»
mirt und hierauf wurde ein Privilegium
auf 39 Jahre ausgestellt. Mit einem
Male bekämpften der galizische Landtag
und der Lemberger Magistrat die Erhal-
tung der deuts cd e n Vorstellungen. Die
Verhandlungen darüber zwischen den qe-
nannten Corporationen und der Regie»
rung schweben noch, wie es scheiiu. Dabei
scheint die Verwaltung der Stiftung auct>
nicht eine geordnete gewesen zu sein. denn
dieselbe war im Laufe der Jahre um rin
Ansehnliches ärmer geworden. Die Noth-
'. l>. August lK77,j 4
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon