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Sonnenfels, Joseph 319 Sonnenfets, Joseph
stin Trautson, der Gemalin des zwei»
ten Odersthofmeifters der Kaiserin, und
des Grafen Johann Karl D i etrich stein,
Kammerhcrrn des damaligen Erzherzogs
Joseph, erhielt S. seine Entlassung.
Nun aber galt es einen Lebensberuf mäh'
len und S. warf sich mit allem Eifer auf
die juridischen Studien. Er hörte die
Vorträge von K.A. Mar t i n i jM.XVI I ,
S. 33^. damaligem Professor des Natur«
rechtes an der Wiener Hochschule, dessen
gedrängter und überzeugender Vortrag,
wie S onnenfe l s selbst scbreibt. ihn erst
denken gelehrt. Bei seinem Vater, der
damals als Dollmetsch bei der nieder«
österreichischen Regierung bedienstet war
ertheilte, erlernte er hebräisch und rab-
binisch, und nachdem er die juridischen
Studien beendet, nahm er die Rechts'
Praxis bei dem Hofrathe der obersten
Iustizstelle. dem Grafen von Har t ig ,
in welcher er durch zwei Jahre thätig
war. Aber neben den Arbeiten seines
Berufes wurde sein Juteresse auch für
literarische Angelegenheiten wach gehalten
und namentlich wurde es für die deutsche
Sprache, das eigentliche Hochdeutsch, das
damals in Wien kaum beachtet wurde,
geweckt. Nine Stelle von Nicolai 's
derber Hand geschrieben, welche er in
einem Buche über deutsche Literatur, das
er auf dem Tische eines Beamten der Hof-
Bibliothek vorfand, zufällig laS. rüt-
telte ihn besonders auf. Diese Stelle aber
lautete: „Oesterreich hat uns noch keinen
einzigen Schriftsteller gegeben, der die
Aufmerksamkeit deS übrigen Deutschlands
verdient hätte: der gute Geschmack ist,
weni'gstens waS das Deutsche betrifft, da»
selbst kaum noch in seiner Kindheit, kaum
noch da, wo Sachsen und Brandenburg
sckon um das Jahr 1730 waren. Scheid.
Scb öne ich. Gottsched, die daS ganze übrige Deutschland auspfeifc, heißen da-
selbst noch Dichter und dennock ist von
diesen elenden Schriftstellern kaum einer
ein Eingeborner". Im ersten Augenblick
gewahrte S. in diesen schonungslosen
Worten des Berliners nur eine Nacional-
Beschimpfuna.' als er aber ruhiger wurde
und reiflich darüber nachdachte, sah er
die Sache anders an, und das Ergebniß
seines Nachdenkens war der Entsckluß.
sich zu einem Schriftsteller heranzubilden,
welchem auch in außerösterreichiscben 3än>
dern Aneikönnung werden sollte. Nm
diese Zeit (176j) hatte Professor von
R i e g g e r M . XXVI, S. 121^ in Wien
eine gelehrte deutsche Gesellschaft gegrün«
det und auch Sonnenfe ls eingeladen,
daran theilzunehmer?. Bob ^Bd. I I ,
S. 2). Ka u z ^Bd. Xl , S. 90^, Ma r-
t in i . SpergeS, Sp i el m ann, Th u >
gut u. A. waren Mitglieder. Sonne n»
fels trat bei. Aber die Gesellschaft, die,
wenn sie Unterstützung gefunden hätte
und tactvoller geleitet worden wäre, nütz»
lick hätte werden können, verfiel bald.
Sonnenfe ls selbst,hielt in derselben
mehrere Reden und Vortrage wie: übec
den Adel, auf Mar ia Theresia, von
der Nothwendigkeit seine Muttersprache
zu bearbeiten u. s. w., welche unter seinen
Schriften angeführt werden. Bei dieser
neuen Nichtung, in welche S. durch feine
Studien in der deutschen Literatur un-
willkürlich gedrängt worden, richtete er,
um sich ein Fortkommen zu sichern, sein
Augenmerk auf eine Lehrkanzel u. z. auf
jene der deutschen Literatur, die aher be«
reits — durck P o p owitsch j^Bo. XXII I ,
S. 1W^ — beseht war, in Folge dessen
sein Gesuch abgewiesen worden. Andere
Versuche, einen seinen Kenntnissen und
Neigungen entsprechenden Posten zu er«
langen, scheiterten gleichfalls, und so nahm
er denn, um seinem Vater endlich aus
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon