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Sonnenfels) Joseph 337 ) Joseph
des Aufklärers entschiedener Feind, ließ
30 Exemplare kommen und sorftte für die
Verbreitung derselben in seinen Kreisen.
Sonnenfe ls stand nun als Gegner — als
Feind — Lessing's und Parteigänger des
schmählich erlegenen Klotz, den Lessing
gehörig abgetrumpft, und doch nock immer
geschont hatte, da; er es unterließ, ihn
als gemeinen Plagiator zu entlarven, durch
seine eigenen Briefe bloßgestellt, öffentlich
da. Dazu kam noch der Umstand, daß unter
den Wiener Literaten jener Tage Sonnen»
sels der Einzige war, der zu Klotz stand.
So wurde Sonnenfels die Zielscheibe
des ärgsten Spottes, und noch schlimmerer
Stimmungen in den Gemüthern aller Ehr«
lichen. Der holländische Legationsprediger
trug auf einer Maskerade ein Briefträger»
Coflüm, auf seiner Tasche hatte er einen
Brief geheftet mit der Aufschrift: „Briefe
auswärtiger Gelehrter an Klotz", und auf
der anderen „Briefe von Sonnenfe ls an
Klotz". „Scurrilische Briefe" waren im
Umlauf gegen Sonnenfels und Riedel,
dieses verkommene Subject, dessen Lebens,
skizze in diesem Ler'k.'n lBd XXVI, S. 66)
mitgetheilt ist. Der Schauspieler Step ha nie
der Jüngere brachte eine grobe Satire auf
die Bühne: „Der Jodler nach der Mode",
in welcher Sonnen fel s unter dem Namen
„Hader" auf das häßlichste geschildert wurde.
Kurz, es war Alles los gegen Sonnen,
fe ls. und eS brauchte lange, bis dieser
Sturm sich legie. länger wie heutzutage,
wo der Scandal des folgenden Tages jenen
des vorigen überflügelt. Aber auch dieser
Spectakel kum zur Ruhe. wurde vergessen
und erst in neuerer Zeit von den Ameisen
der Zeitgeschichte, den Feuilletonisten, den
fleißigen Cultur' und Literaturhistorikern wie.
der an'S Tageslicht gezogen.- und dadurch
nicht wenig der Nimbus des sonst so ver«
dienstoollen Sonnenfels geschmälert, den
eine kritiklose Partei so lange albern und
planlos deräuchert und gelobhudelt hatte,
bis die Opposition gewelkt und von ihr
die Kloh-Lessing.Geschichte an das Tages»
licht gefordert wurde. Es ist nicht unmteres-
sant zu wissen, wie Sonnenfels selbst die
Klotz'sche Geschichte auffaßte. Nir sind in
der Lage, seine eigenen Worte darüber anzu«
führen: „Kaunitzcn und Swie ten"
schreibt Sonnen fe ls, „bin ich für die
Erhaltung meines Standes. Freiherrn von
'Gedler, bei dem ein günstiges Vorurtheil
v.Nurzbach. bioar. Lexikon. XXXV. für meine Verwendung die Stelle der
Empfehlung vertrat, bin ich großentheilS
für die Verbesserung derselben verpflichtet,
und für meine Beförderung, die sehr oft
gerade durch die nur erregten Widerwärtig-
keiten herbeigeschleunigt wurde. Die Aus«
gäbe der Klotz'schen Briefe sollte mich vom
Lehrstuhle, vielleicht von Wien verdrängen;
so ungefähr war der Anschlag. Statt dessen
ebnete sie die Hindernisse, welche bis dahin
den gütigeren Gesinnungen des damaligen
Statthalters Grafen von Sei lern im
Wege gelegen waren — sie öffnete mir den
Eintritt in die Rathsstube."
X I I . Sonnenfelb und Lessiug. Lessing heißt
der dunkle Punkt im Leben unseres Sonnen-
fels. ES bestand in dcn Jahren l 768/69
der Plan, in Wien eine Akademie zur He.
bung der schönen Künste Zu errichten. Zu
diesem Zwecke hatte man nichts Geringeres
vor, als die Berufung einer „Colonie von
Gelehrten" nack Wien. An 3 e ssi ng ' hatte
man im April i?69 durch Bode den glän-
zenden Antrag machen lassen, als Dramaturg
und Theaterdichter mit 3000 fl. Iahresgehalt
einzutreten. So verlockend das Anerbieten
war, Lessing hatte es aug wichtigen Grün-
den abgelehnt, und die Hoffnung, Lessing
in Wien zu haben, erfüllte sich nicht. Als
dann im folgenden Jahre Eva König. Les-
sing'S Freundin und künftige Gattin, in
Vermögens-Angelegenheiten nach Wien reisen
mußte, trat Wien wieder in Lessing's
Gedankenkreis, der indessen als Bibliothekar
zu Wolftnbüttel seinen Studien oblag. Eoci
König hirlt ihn mit ihren Briefen, aus
welchen eben so weibliche Liebenswürdigkeit
als scharfe Beobachtungsgabe spricht, im
Laufenden über die literarischen und gesell«
schaftlichen Verhältnisse in Wien, Lessing
hatte bis dahin eine gute Meinung von
Sonnen fels, dessen Eifer in Theater
und literarischen Angelegenheiten ihm gefiel,
wenngleich er nicht Alles billigte, was Son-
nen fels vornahm. Während Eva König's
Anwesenheit in Wien, geschah es wieder,
daß man an Lessing's Berufung nack
Wien und dieses Mal mit allem Ernst
dachte. Durch Professor Sulz er in Berlin,
hatte man bei Lessing anfragen lassen,
und Lessing in der Meinung, das Weib
seines Herzens, Eva König, dürfte durch
ihr Geschäft genöthigt werden, in Wien zu
bleiben, war nun nicht mehr wie da? erste
Mal abgeneigt, den an ihn gestellten ehren«
!. 26. Nov. l877.) 22
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon