Seite - 347 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sinacher-Sonnenthal, Band 35
Bild der Seite - 347 -
Text der Seite - 347 -
Sonnenthlll 347 Sonnenthal
spiel: „Das Gefängniß" vonBenedir
und als Ferdinand in „Cabale und
Liebe" spielen saben. Am 8. März 1854
debutirte er zu Gratz als Mort imer.
Daselbst lernte er den wackeren Karl von
Holtet kennen, der ihm alsbald ein
gediegener Rathgeber wurde; ferner I r a
Aldridge. Karl Devr ient und seinen
nachmaligen Freund Ludwig Löwe. Von
Gratz erhielt er schon nach einem Jahre
einen Ruf nach dem fernen Königsberg,
indem er vorher noch bei dem Besuche
seiner Eltern in Pesth den Herzog in
Hackländer's „Geheimen Agenten"
als Gast spielte. Dreiundzwanzig Jahre
war S. alt, als er bereits an einer der
besteil Provinzbühnen Deutschlands, wo-
für die Königsberger stets galt. angestellt
war. In Königsberg gefiel S. sehr. Mit
seiner Gesellschaft spielte S. auch in Til»
fit und Insterburg und gab auf letztge-
nannten Bühnen die Rollen desRomeo
und des Uriel Acofta mit solchem
Erfolge, daß ihm bald ein Antrag zu
drei Gastrollen an dem Dresdener Hof»
Theater „mit Vorbehalt eines Gngage-
ments" zukam. Während der Zeit, in
welcher S. in Königsberg spielte, trat
dort Heinrich M arr als Gast auf und
sah Sonnenthal als Kean mit solcher
Meisterschaft spielen, daß er darüber sofort
an Director Laube nach Wien sckrieb
und ihm den jungen angehenden Künstler
auf das wärmste empfakl. In Folge
dessen traf auch von Wien der Antrag zu
einem auf Engagement abzielenden Gast»
spiele auf dem Burgtheater ein. Die
Wahl war nicht schwer. Erstens war die
Wiener Hofbühne unter Laub e'S Direc-
tion noch immer die erste deutsche Bühne
und dann blieb S., wenn er Wien wählte,
in seiner Heimat und in der Nähe seiner
Familie. Am 18. Mai 1836 bctrat S.
die Bretter des Wiener Burgtheaters in der Rolle des Mort imer. Der Erfolg
der ersten Gastrolle war kein ganz sicherer;
hingegen nach dem zweiten Auftreten in
Hackländer's „Geheimen Agenten"
erfolgte sofort das Engagement auf drei
Jahre. In dieser Zeit wurde S. so beliebt
im Publikum und löste auch die an ihn
gestellten Aufgaben durch Ausführung der
ihm übertragenen Rollen mit solchem Eifer
und Geschick, daß er nach Ablauf der
drei Jahre das Decret als wirklicher k. k.
Hofschauspieler niit dem Iahrgehalte von
8000 Gulden und damit verbundener
Pensionsfähigkeit erhielt. So hatte S.
im Alter von erst 23 Jahren eine kaum
geahnte Stufe erreicht. Nun gehört S<
feit mehr denn zwei Decennien der ersten
deutschen Bühne an und zählt zu den Zier»
den derselben. Von einer Reise nach
Paris, welche S. im Jahre 1838 unter«
nommen, soll er den eleganten Conver-
sationston mitgebracht haben, womit S.
im ftinen Lustspiel glänzt. Früher im
Fache erster jugendlicher Helden thätig,
spielte er den Romeo, Don Carlos,
Ferdinand in „Cabale und Liebe",
Clavigo u. s. w. Doch war dieses
Rollenfach, für welches sein im Tragischen
zu schwaches Organ nicht ausreichte, nicht
seine Stärke, wenn er auch darin Treff-
liches leistete. Hingegen leistete er Un-
übertreffliches im Fache der zweiten ju»
gendlichen Liebhaber: als Melchthal
im „Tell", Franz in „Götz von Ber»
lichingen", Ko sin sky in den „Räubern",
Bracken bürg in „Egmont" u. A..
sämmtlich Rollen, wonn er thatsachlich
auf der Höhe der Kunst steht. Seit aber
seine körperliche Erscheinung an Fülle zn-
genommen, hat er sich dem genannten
ernsteren Fache ab- und dem Conversa»
tionsstücke zugewendet, und in diesem
zählt er zu den Zierden des Wiener Burg-
theaters der Gegenwart. Die deutschen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Band 35
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sinacher-Sonnenthal
- Band
- 35
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1877
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 388
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon