Seite - 13 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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Sonnleithner. Leopold Sonnleithner^ Leopold
unterstützte ihn'neben seinen vorerwähnten
Sammlungen und Aufzeichnungen eine
nicht gewöhnlich musikalisch literarische
Belesenheit und ein unvergleichlich treues
und gutes Gedächtniß. Mit der Kenntniß
mehrerermoderner Sprachen ausgestattet,
liebte er eS — und bis in das spätere
Alter —zu reisen, hatte wiederholt Eng»
land, mehrere Male Italien, Frankreich
und die Schweiz und noch im Jahre 1862
den Orient besucht, über dessen musi-
kalische Zustände er in Fürst Czar-
toryski 's „Recensionen" einen ge-
drängten launigen Bericht erstattete. Mit«
ten in einer politisch bewegten Zeit
lebend, schildern ihn die Einen als in
politischer Beziehung sehr reservirt, da
ihm die Politik ziemlich fern stand, und
er feinem Wesen nach dem gemäßigten
Fortschritte angehörte; nach Anderen
hätte er in politischer und freiheitlicher
Richtung zu den fortgeschrittensten Libe-
raten gehört, was auch das Richtige für
seine Charakteristik sein mag, nur daß
er mit seinem Liberalismus nicht markt»
sckreierisch Hausiren ging, und sich nur
im Kreise seiner Freunde rückhaltslos
aussprack. Wir sagten eben, daß er als
schaffender Musiker sich wenig bemerkbar
machte. I n seinem Nachlasse mögen sich
wohl mancherlei Arbeiten und nameut.
lich deren aus seiner früheren Zeit vor»
gefunden haben, welche bei dem ungemein
geläuterten Geschmacke in Musiksachen,
den er besaß, auch nicht ohne Werth sein
mögen. Durch Aufführungen in letzterer
Zeit ist nur eine Arbeit, und zwar eine
von ihm in der Jugend componirte Messe
bekannt, welche bei Gelegenheit der
Feier des fünfzigjährigen Bestandes der
Wiener (ersten österreichischen) Spar-
cafse, an welcher auch er als langjähriger
Vertreter dieses segensreichen Institutes
thcilnahm, aufgeführt wurde. Bis in sein spätestes Alter —.er starb 76 Jahre
alt —seine volle Geistesfrische bchaltend.
war S. der Repräsentant eines in Wien
täglich seltener werdenden TypuS, der
aber eben nur in Wien in dieser Eigen-
art sich entwickeln konnte. I n seinem
Wesen fein und gewinnend und doch bis
an die Halsbinde zugeknöpft. Gegen
Jedermann, der sich bei ihm Rathes
erholte, gefällig, fast zuvorkommend,
doch nie aufdringlich in seinen Ansichten,
und selbst dort. wo er competent war,
wie Wenige, mehr empfangend als selbst-
gebend. Zurückhaltend und voll Nach-
ficht, besaß er eine in der Gegenwart
nur mehr als Sage nachklingende Be-
scheidenheit. und ging darin so weit,
ß, als in de.r Reihe seiner in Czar-
tory Ski's „Recensionen" veröffent-
lichten Berichte über Wien'S ältere Musik»
zustande folgeweise auch an seine Fa«
milie die Reihe kam, welche eine sehr
hervorragende Rolle in Wien's Musik-
Geschichte nahezu durch die Dauer eines
vollen Jahrhunderts gespielt, er an
dieser Stelle den Selbstbericht abbrach,
und darüber einem Freunde die Mate-
rialien übergab, der nun diese Perwde
bearbeitete, worauf Sonnle i thner die
weitereDarstellung selbftwieder übernahm.
Ein Nekrologist S.'S bemerkt, daß dieser
im Umgänge so liebenswürdige Mann,
der ein zärtlicher Gatte und Vater, ge-
gen Freunde gefällig, gegen Jedermann
wohlwollend und nie müßig war, GuteS
zu thun, doch manche Absonderlichkeiten
befaß. So erwähnt er, daß die Todes-
Anzeige, welche im Inseratentheile der
„Neuen freien Presse" ^1873, Nr.3064)
abgedruckt stand, von ihm selbst seit
Jahren verfaßt und in seinem Pulte
aufbewahrt war. Nur der Raum für daS
Datum war freigelassen. Obwohl Ka-
tholik, verfügteer, aus dem protestan«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon