Seite - 87 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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Spaur, Franz Joseph 87 r, Franz Joseph
Viccdoms in der Stadt Main; a.nver'
traute. Mit dieser Stelle übernahm
Graf S. die Direction der Mainzer
Polizei, die Criminasgeschäfte und die
Gerichtsbarkeit des Magistrats — in diese
Zeit fallt seine engere Verbindung mit
dcm Hause Stad i on, welche zu einer
Ehe Spaur's mit Therese, der Toch
ter des Mainzer Großhofmeistcrs, führte.
Die Heirath fand am 24. Mai 1734
zu Warthausen in Schwaben Statt. Als
Vicedom der Stadt Mainz erwarb sich
S. bald das Vertrauen und die Liebe
der Bevölkerung. Ihm verdankt das
Mainzer Armenhans und die damit ver»
bundene Arbeitsanstalt ihre Entstehung,
die Verbesserung der 35schanstalten bei
Feuersbrünsten war gleichfalls sein Werk.
Bei Ausbruch einer Feuersbrunst konnte
dem Brande nur dadurch Einhalt ge»
scvehen, wenn die einem Kloster gehörige
Gartenmauer durchgebrochen wurde. Ge»
gen diesen Schritt protestirten aber ener-
gisch die Mönche. Alle Vorstellungen,
wie viel Unheil daourch verhütet würde,
blieben, bei den Mönchen erfolglog. Da
machte der Graf kurzen Proceß, er frug
und bat nicht weiter, ließ die Mauer
einreihen, und so ward den Flammen
Einhalt gethan. Die Mönche erließen
nun die Excommunication über den ge«
rvaltthätigen Vicedom. Als aber dieser
dem Kurfürsten den Vorgang meldete,
verurtheilte der Kurfürst die Mönche noch
zu einer ansehnlichen Geldstrafe, zu Gun«
sten des durch das Feuer beschädigten
Armenhauses, seinen Vicedom aber löste
er mit einen Lächeln von dem über ihn
verhängten Kirchenbann. Als Mainzer
Vicedom hatte cr die Aufmerksamkeit
des Kaisers Fr anz I. auf sich gezogen,
und dieser verlieh ihm im Jahre 173?
die durch den Tod des Freiherrn von
Groschlag eiledigte katholische Prä« und geheime RathssteNe an dem
kaiserlichen Reichskammer»Gerichte zu
Wezlar. Mit tiefem Bedauern sahen ihn
der Kurfürst und dle Bevölkerung aus
der nur durch zwei Jahre versehenen
Viccdomstelle scheiden, in welcher sein
Wirken in so kurzer Frist das erfolg«
reichste gewesen S. trat nun seine neue
Stelle in Wezlar an. I n dieser Stellung
verblieb Graf S. 6 Jahre, und hatte
während dieser Zeit durch Abstellung
mancher bis dahin herrschender Miß-
brauche, dann durck seine Geradheit
und Gerechtigkeit, wie durch seine Un«
bestechlichkeit einen solchen Ruf erlangt,
daß er. als im I . 1763 Fürst Hohen«
lohe. bisheriger Reichskammerricdter,
mit Tode abging, vom Kaiser an dessen
Stelle gesetzt wurde. 34 Jahre, bis an
seinen Tod. versah nun Graf S. dieses
Amt. Im Jahre 1767 traf die Visitation
des Reichskammer-Gerichtes in Wezlar
ein. Graf Spaur. der sich durch loyales
aber unbeugsames Verhalten manchen
Gegner gemacht. wurde nun von dieser
schwer angefeindet, und wurde von seinen
Feinden kein Mittel unversucht gelassen,
ihn von dieser mächtigen Stelle zu ver«
drängen; man ging sogar so weit, die
Ehre des KammerrichterS- zu verdach«
tigen. Das focht den Grafen wenig an.
indem er die Ränke seiner Gegner bloß»
legte und sein Verfahren vor der Vi-
fitaiion als ein durch und durch correctes
erkannt wurde, verblieb er auf feinern
Posten und erhielt' von der Kaiserin
Mar i a Theresia und von Kaiser
Joseph ein Handschreiben, in welchem
ihm Beide Ihre ah. Zufriedenheit über
sein bisheriges Wirken aussprachen. Als
dann nach beendeter Visitation verscdie-
dene neue Einrichtungen bei dem Kam»
mergerichte angeordnet wurden, legte
raf S. energisch die H^nd an die 3ö»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon