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Spaitr, Karl , Karl
gewählt worden, war auch Kar l Graf
Spaur Zeuge deS Pio«non0'Iubels. den
meisten gleich, ungeacktet seiner conser
vativen Gesinnungen, nicht ahnend, welche
Wendung und welches Ende die Selig»
keit der ersten Zeiten des neuen Ponti»
ficats nehmen würde. Aber er war einer
der ersten Enttäuschten, als die selbst-
bewußte Revolution und die seit Jahren
heimlich wühlende Mazzini'scbe Partei
sick des Feldes bemächtigten, welches der
arglose, wie natürliche Enthusiasmus
und die ungeduldig überstürzende refor»
mistische Hast ibr, ohne es zu wollen noch
zu wissen, geebnet hatten. Der letzte Act
de.ö Dramas stand klar vor seiner Seele,
als er. den tiefsten Schmerz in seinem bei
aller Anhänglichkeit an Rom deutschen
Herzen, den Doppeladler seiner Heimat
unter den Fäusten einer Horde deS nied»
rigsten Gefindels stürzen, als er nicht
lange darauf, zu Ende April 1848, den
Anfang jener Unfreiheit des Papstes sab,
welche, nachdem ein scharfsinniger, ersah«
rener und entschlossener Minister, beinahe
vereinzelt, inmitten von Kälte, Entfrem«
düng oder Feindseligkeit, den Versuch,
ihr ein Ende zu machen, mit dem Leben
bezahlt hatte, sechs Monate spater zur
Katastrophe führen mußte. Die Kata«
strophe kam. und wie Papst Pius IX.
am 24. Nov. 4848 nach Gaöta floh.
welchen Antheil Graf Kar l E. mit seiner
Gemalin an der glücklich ausgeführten
Flucht des Heiligen Vaters hatte, alle
diese historisch denkwürdigen Ereignisse,
von dem Momente als Pius IX. den
quirinaliscben Palast verließ, bis König
Ferd inand von Neapel den päpstlichen
Flüchtling in Gaeta begrüßte, hat seine
bereits erwähnte Gemalin Therese in
einer kleinen Schrift als Augenzeugin, ja
Mittheilnehmerin ausführlich geschildert.
Der bayerische Gesandte, indem er, am labicaniscken Wege vor der Kirche S.Pie«
tro e Marcellino harrend, am Abend
des 24. November den apostolischen
Flüchtling in seinen Wagen aufnahm und
ans der Stadt und über die Grenze des
Kirchenstaates hinausführte, brach der
römischen Revolution die gefährliche
Spitze ab. „Mochte", fo schreibt des
Grafen Biograph in der Allgemeinen
Zeitung, „Republik und Anarchie dar-
auf folgen, mockten die Umsturzmän.
ner von ganz Italien sich um den
Vatican sammeln und modern antike
Tragicomöoien aufführen — der Papst
war frei. Der auf der entweihten Slätte
aufgeführte Lügenbau mußte in sich selbst
zusammensinken". Der Graf von Spaur
hat sich durch sein ruhig-entschloffenes.
auf höheren Beistand vertrauendes, eige-
ner Sicherheit nicht achtendes Handeln
in jenen verhängnisvollen Momenten um
alle Throne, um die ganze Christenheit
ein beneidenswerthes Verdienst erworben.
Nach allem Hangen und Bangen des
Aufenthaltes in.Gaeta und Portici hat
der Graf am 12. April 1830 an der
durch manche Erinnerungen und Rück»
blicke ernsten Freude des Wiedereinzuges
theilgenommen. Seine durch die bezeich'
neten Ereignisse in seltenem Maße. bevor«
zugte Stellung hat bei ihm nie zu Selbst,
überhebung oder zur Einmischung in
Anderer Angelegenheiten geführt', wie er
sich deS Vertrauens, das Papst PiuS
ihm im entscheidenden Augenblicke bezeigt,
mit Recht freute und darauf stolz war,
war er sich auch bewußt, diesem Ver-
trauen nach seinen besten Kräften ent»
sprochen zu haben. Eine lange und
wechselvolle Krankheit brachte ihm viele
3eidcn. Auf Genesung hoffend, verließ
er im Herbst 1834 Rom mit längerem
Urlaub, um den Winter in seiner Heimat
Südtirol zuzubringen, kam aber nicht
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon