Seite - 131 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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Speckbache^ Maria 131 Speckbacher. Andreas
München durch einen Wald fuhren, bat
der gequälte Mann den Gendarmen, er
möchte ihn ein wem« ausstrigen lassen. Der
Gendarm, dem des Mannes Elend zu Her«
zen ging, mußte die Bitte gewähren. Der
Passeirer verlor sich aber im Wäldchen und
kehrte nicht wieder. Dem Gendarmen war
das lange Ausbleiben endlich verdächtig, er
rief, keine Antwort; er untersuchte daS Ge-
hölz, keine Spur war mehr zu finden. Als
der Gendarm den Betrug des Passeirer
Bauers einsah, fluchte er über den Bauer,
rief im nächsten Orte den Landsturm auf,
allein umsonst. Der Passeirer, dem indessen
die Gesundheit wiedergekehrt war, hatte be-
reits einen zu weiten Vorsprung genommen.
Die Frau Speckbacher aber langte Abends
in München an. Sie wurde in den söge»
nannten Neuthurm eingesperrt. In diesem
Gefängnisse wurde Frau Speckbacher elf
Wochen ohne in ein einziges Verhör gezogen
zu werden, gefangen gehalten. Obwohl ihre
Verpflegung und Behandlung im Allgemei-
nen erträglicher war, so hatte dennoch die
Haft und besonders die Ungewißheit ihrer
Lage auf die Gesundheit eine störende Rück»
Wirkung genommen. Wenn sie in der Nähe
der Gefängnisse Schüsse fallen hörte, wähnte
sie stete, daß gefangene Landsleute den Tod
erlitten, und deS Gedankens an rin ähn»
liches Schicksal konnte sie sich nicht erwehren.
Am meisten aber ängstigte sie der Gedanke,
Speckbacher möchte, um ihr die Freiheit
zu erwirken, sich stellen und dadurch dem
gewissen Tode entgegen gehen. Speck«
bacher aber war der festen Ueberzeugung,
daß seine Frau bereits längst wieder in Tirol
wäre; während man hier sie als in Wien
sich aufhalfend wähnte. Als daher nach
Wochen der entschlüpfte Passeirer Geiß»
ebner nach Wien kam und dort von ihrem
Schicksale erzählte, wurde Speckdacher
fast wüthend über die schmähliche und wider»
rechtliche Behandlung seiner Frau. Erzherzog
Johann hatte sich indessen alsogleich für
Speck bacher auf das entschiedenste ver.
wendet, als er von dem Unglück hörte.
Seiner Verwendung ist es zuzuschreiben, daß
endlich die Freilassung der Frau Speck«
bacher erfolgte. Sechs Tage vor Fron-
leichnam ward sie der Freiheit wiederge«
geben. Da zu gleicher Zeit der Gefangen«
schaft auch ihr Sohn Andreas in einer
Erziehungsanstalt Münchens, in welche ihn
der König von Bayern gegeben, sich befand, so benühte sie die FronleichnainS.Prottssion,
um ihn bei dieser Gelegenheit sehen zu kön-
nen. Sie wollte sich mit dem-Mnblicke ihres
geliebten Sohnes trösten. Sie stellte sich an
einen geeigneten Platz, wo die feierliche Pro«
cession vorüberzog, allein sie erkannte ihr
Kind nicht wieder, und kehrte, nachdem sie
auch dieses Oper der Kindesliebe gebracht
hatte,.in ihre Heimat zurück. Frau Speck«
bacher, deren Einfachheit und Schlichtheit
wir schon erwähnt, lebte nun mit ihrem
Gatten, der im Jahre <8l4 nach Tirol zu>
rückgekehlt war. vereinigt. Nur sechs Jahre
waren mehr dem Tiroler Helden gegönnt,
an seiner Maidele Seite sich des Lebens zu
freuen. Daß ihr und ihren Kindern durch
kaiserliche Gnade Pensionen und Gnaden»
gehalte verliehen worden, wurde auch bereits
.berichtet. Mar ia Speckbacher überlebte
ihren Gatten um 23 Jahre, sie starb im
Jahre lsi3, — Eine ihrer Töchter, Mar ia ,
welche ledig geblieben, starb erst vor eini-
gen Jahren — im Juni <8?u zu Hall. Mai«
deles Schicksale bilden auch den Gegenstand
einer historischen Erzählung, welche unter
dem Titel des Namens der Heldin: „Maria
Speckbacher" zuerst in dem Triester Journal
„Austria" und aus diesem in dem „Frank-
furter Conversationsblatte" l838. Nr. 110
u. f. gedruckt erschienen ist. Nur sind die
Namen in dieser geschichtlichen Erzählung
sämmtlich falsch: so heißt Maidele, welche
von Haus aus Mat ia Schmied erer
heißt, in der Erzählung Schneider. Speck"
bacher's braver Knecht Zoppel statt
Zozzel u. s. w., was in einer „historischen"
Erzählung unstatthaft. — 2. Ihr Sohn
Andreas (Anderl) (geb. 26. Februar l?98
zu Rinn, gest. zu Hall 25. März i834) ging
aber auch um volle zehn Jahre der Mutter
im Tode voraus. Anderl , wie in seines
Vaters Lebensgeschichte erzählt und von
D eferegger durch ein prächtiges Bild dar»
gestellt ist, lief vom Hause und den Schützen
nach, als diese gegen den Feind auszogen.
Als er seinen Vater fand, blieb er diesem
zur Seite, bis er im unglücklichen Kampfe
bei Mellegg am 1?.. n. A. 16. October i809
gefangen und mit anderen Gefangenen fort»
geschleppt wurde. Dem elfjährigen Knaben
sagten die Soldaten: der Vater sei todt.
Zunächst kam er nach Landshut. Als der
König von dem Knaben, dessen Muth und
Unerschrockenheit von allen Seiten gerühmt
wurden, hörte, verlangte er ihn zu sehen.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon