Seite - 136 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Band 36
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it) Joseph 136 Joseph
eine andere Bestimmung erhielten, über«
nahm S. im Jahre 1782 als ihr Nach.
folger alle Lehrstunden in den vierClas«
sen und überdieß den Unterricht der
Geistlichen im Katechisiren. Spendou'S
Methode wich von der bisherigen mehr
abrichtenden, nach welcher über den Text
des vorgeschriebenen Lehrbuches Fragen
gestellt wurden, wobei man es unterließ,
Begriffe beizubringen und an die vor>
handenen neue anzuknüpfen, wesentlich
ad, indem er eben dieses letztere Moment
herausgriff und- so seine ganze Lehr
methode auf die Entwicklung und Aus
bildung der menschlichen Seelenkräfte
gründete. Dabei machte er sich mit der
ganzen pädagogischen Literatur sorgfältig
bekannt und führte auch seine geistigen
Präparanden in dieselbe ein. Diese Me«
thode Spend o u'S erweckte alsbald die
Aufmerksamkeit nicht nur der Fachmän-
ner. sondern auch des Publikums; selbst
der damalige Präsident der Studien-Hof«
Commission Freiherr van' Swieten
wurde auf fie aufmerksam, und unterließ
es nicht, seinen Beifall darüber auszu-
sprechen. AlS der bisherige Pfarrer zu
BurgMemitz, Joseph Anton Ga l l
j M . V, S. 63^j. der nachmalige Linzer
Bischof, im Jahre 1783 zum Oberauf-
seher der deutschen Schulen ernannt
wurde, begann die zweite Epoche in der
Verbesserung deS deutschen Schulwesens
in Oesterreich, deren erstere PrälatFelb i-
ger eingeleitet hatte. Auch Gal l arbei»
tete, im Gegensatze zu Feldiger, der
zunächst die Bereicherung deS Gedacht«
nisseS im Auge hatte, auf die Entwicklung
des Verstandes hin, und verlor daher in
Spendou. der 1783 zum Vice-Direc«
ror des Wiener General'SeminariumS
ernannt worden, mit schwerem Herzen
den gleichgesinnten Katecheten. Nachdem
der Schuloberaufseher und Domscholaster Gall im Jahre 1788 zum Bischof von
Linz ernannt worden, wurde Spendou
sein Nachfolger in der Oberaufseherstelle
der deutschen Sckulen und blieb eS durch
28 Jahre — bis 1816, in welchem ihn
Kaiser Franz in Würdigung seiner Ver»
dienste um das Volksschulwesen zum
Pröpsten des Wiener Mrtropolitan-Ca.
pitels ernannte. Nicht gering aber find
Sp endou's Verdienste um das Volks»
schulwesen in Oesterreich. So verbesserte
er die bisherige Lehrmethode nicht blos
in der Religion, sondern in allen Gegen«
ständendeS Elementar<Nnterrichts zunächst
in Wien und mittelst des Präparanden«
Unterrichts sür Schulgehilfen und HauS»
lehrer auch in den übrigen Provinzen des
KaiserstaateS; bereits als Katechet hatte
er eine mildere Schulzucht eingeführt und
die Entfernung der körperlichen Strafen
aus der Schule.— eine erst in den jung«
stenConferenzen der deutschen Lehrer stark
discutirte und mitderErneuerungderPrü»
gelftrafe (!) gelösteFrage — war in Oester«
reich bereits zu Spendou'S Zeit ein
überwundener Standpunct; denn Open»
dou eben ist es. der die förpelliche Züch.
ligung vollends verwarf, weil dadurch
das physische und moralische Gefühl ab
gestumvft. der Lehrgegenstand selbst ver<
haßt und das Schulgehen verleidet wird.
Das Methodenblich mit der S a g a n'>
schen (F el b ige. r'schen) Lehrart wurde
allmälig außer Gebrauch gesetzt und an
dessen Stelle eine Anweisung in Aphoris«
mcn den Lehrern in die Hand gegeben.
Es wurden theils ganz neue Lehrbücher:
die deutsche Sprachlehre von Joseph
May, die Nalurlehre von F.Fr ied,
die Rechnenkunst von I . Haid inger,
die Geometrie von Johann von See>
der eingeführt, theils die vorhandenen,
wie die Baukunst und Geographie. ver>
bessert. Analoge Verbesserungen auch in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon