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Sports Franz Anton 230 Sporl^ Franz Anton
svörl'che Ueberrcste von allen diesen Kunst«
werken — so sieht man noch den hängenden
Judas, dann folgen rechts und links die
Propheten und nach ihnen die Apostel und
Christus mit seinen Jüngern. Auf einer stäm«
migen Buche ist Graf Spork als Zaubeier
dargestellt, und unter ihm die Inschrift:
I'aMtur arte Hlktzus staoit suo Xomins
I^ftUs, welche wir auch als Inschrift einer
Denkmünze (Nr. 10) finden. Die Ucbersehung
lautet wörtlich: „Wird auch der Zauberer
duräi Ränke getäuscht, so wird doch unter
dem Himmelsdom die Buche aufrecht stehen".
Das Wort?23U2 bildet aber, so zu sagen,
ein Akrostichon, weil seine Buchstaben die
Anfangsbuchstaben des Namen I'ranz ^nton
ftraf Von spork bilden Die Inschrift spült
auf die Ränke und Umtriebe an, die gegen
den Grafen von dem anrüchigen Adooraten
Neu mann geschmiedet worden. Man er»
zählt, daß Graf S. mit Neu mann im Anbe»
ginne in ganz freundschafllicht>n Verhältnissen
gestanden. AIs aber Neu m a nn seinen intri-
ganten Charakter entpuppte, und eines Tages
den Grafen mit seinen Nichtswürdigkeiten
geradezu empörte, vergaß sich dieser in lei»
denschaftlicher Erregtheit so weit, daß er
Neu mann eine Maulschelle versetzte. Dar<
über wurde Neu mann klagbar, und der
Graf Spor t muhte il?m 7000 fl. Schmer»
zensgeld zahlen. Der Graf zahlte die ?<1U0 ft.
aber in lauter kleinen Scheidemünzen, und
Neu mann mußte vor dem Grafen die
ganze Summe guldenweis abzählen. Als
Neu mann mit der Zählung zu Ende war
gcriethen er und der Graf wieder in einen
Wortwechsel, und der Graf versetzte Neu«
mann wieder eine Maulschelle. Nun drohte
ihm Neu mann abermals mit der Klage.
„Ist ganz übelflüi'sig, werthester Herr Neu»
mann", entgegnete der Graf, jetzt weiß ich
schon, was eine Ohrfeige kostet", und mit diesen
Worten wies der Graf den Rabulisten Neu»
mann in das Nebengemach, wo ihm noch ein«
mal7Ü0l)fl. in Gold sofort ausbezahlt wurden.
Was davon Wahrheit, was Dichtung, ist
nicht medr zu bestimmen, aber bei der ori«
ginellen Weise des Grafen ist die Thatsacke
kaum zu bezweifeln. — Um auf die Hei<
ligcn. die auf den Bäumen sitzen, zurückzu«
kommen, so berichten wir noch, daß die
beiden Apostel. Peter und Paul. durch zwei
Buchen dargestellt waren, die aus einer ge-
meinsamen Wurzel wuchsen. Dann standen
in dieser Allee 22 Statuen. jede in einen Baumstamm gehauen, und mit ihrem in
lateinischen Buchstaben ausgeschnittenen Na<
men bezeichnet. Den Schluß dieser Heiligen»
Reihe bildete eine besonders mächtige Buche,
in deren Rinde in Schraubenwindungen der
Leidensgang Christi nach der Schädelstätte
äußerst figurenreich geschnitzt war. I n dem
die Hauptallee durchkreuzenden Baumgange
befanden sich 44 Statuen, heil. Anachoreten
und Mönche, die Drei Weisen des Morgen-
landes und die Sieben Weisen Griechenlands
darstellend, äanae Jahre erhielten sich diese
eigenthümlichen Kunstwerke in ihrer ursprüng'
lichen Schönheit, und der Ruf und die Ach-
tung vor dem die Heiligen in Bäumen
bergenden Walde war so groß, daß derselbe
bei den wiederholten Invasionen der Preußen,
und selbst von Trenk's verrufenen Pan-
duren — von diesen freilich nur gegen Anoro»
hunq der schärfsten Strafen von Seite ihres
Anführers — verschont blieb. Aber was die
Kriegerhordrn unangetastet ließen, das hat
die Alles umwandelnde Zeit entstellt und
vernichtet, denn durch den natürlichen WuchS
der Bäume wurden allmälig die Formen,
welche ihnen die Künstlerhand gegeben. um<
geändert. Wind, Wetter hatten das Ihrige
geleistet, das Moos hatte Farben und Sculp-
turen überwuchert, und da die Menschen«
Hand nichts dazu gethan, um den Zahn der
Zeit aufzuhalten, so vollzog sich die alles'
entstellende Umwandlung, nur wenig mehr
übrig lassend, von selbst. — Nicht minder
war die Malerei durch eine große Anzahl
von Gemälden vertreten. Dieselren befinden
sich zum Theile noch in den inneren Räu«
men des Klostergebäudes. So hängen im
Gange des ersten Stockwerkes zwei Reihen
großer, das Leuen des h. Johann von Gott,
des Stifters des Barmherzigenordens, dar-
stellende Bilder. I n der sogenannten alten
Kirche hängen zwanzig, über neun Schuh
hohe und vier Schuh breite Gemälde, welche
die ganze Leidensgeschichte Ch'isti darstellen.
Alle diese Bilder werden als Werke des
tüchtigen Malers Peter Branoel bezeich»
net. Eine große Mrnge von Gemälden ver»
schiedenen Gegenstandes, aber zum größeren
Theile Familienstücke, befinden sich in den
Gemächern. Die Stiftskirche zur „h. Drei-
faltigkeit" enthält mehrere große Altarblätter
— so eine Verkündigung Mariens, einen Io<
hann von Gott, eine heilig? Dreifaltigkeit,
einen Christus am Kreuze; erstere zwei sird
beft'mmt von B r a n d e l. Vieles Andere
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Band 36
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Sonnklar-Stadelmann
- Band
- 36
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 376
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon