Seite - 13 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
Bild der Seite - 13 -
Text der Seite - 13 -
Stadion-MarthauseN) Franz Ser. 13 Stadion-WarthauseN) Franz Ser.
des Hingeschiedenen Loos als ein benei'
denswerthes. Es war kein solcher Tod
der gestern dem Manne beschieden war,
' an dessen Bahre heute Oesterreich steht.
Und doch war er ein Held, wie kein
besserer je den letzten Athemzug im
Schlachtgetümmel ausgehaucht, ein Rit«
ter mit einem blanken Schild, auf wel«
chen nie ein Schatten gefallen. Doch
ging er in die Schlacht für sein Vater-
land und starb für Oesterreich, wie er
für Oesterreich gelebt hatte. Große histo»
rische Katastrophen pflegen irgend ein
hervorragendes Opfer zu verlangen, das
sie mit einem tragischen Glorienschein
umgeben. Sie gehen selten vorüber,
ohne, eine außerordentliche Persönlichkeit
mir einem außerordentlichen Unglück
heimzusuchen. Nach Jahrhunderten noch
blicken spätere Geschlechter mit jenem In«
tereffe zu diesen Gestalten hinauf, welche
das Herz der lebenden Welt am engsten
verbinden mit dem Herzen der Todten.
Der Kranz, den ein heiliges Nnglück
jenen bleichen Hauptern aufgesetzt, ist
ein unverweslicher. Ihr trauriger Blick
leuchtet durch ferne Jahrhunderte. Ihr
Schicksal macht Herzen schlagen und
Augen weinen, in entfernten Ländern
und entfernten Zeiten. Die Geschichte
öffnet ihr Haus unparteiisch den großen
Glücklichen wie den großen Unglück-
lichen, aber in dem Hause der Dichtung,
haben die Letzteren den höchsten und den
vornehmsten Platz. Welches Auge wird
trocken bleiben bei der Nachricht, daß
Franz Seraph Graf S tad ion ge>
siern geendet hat? Das war vor wem«
gen Jahren noch der erste Mann unter
allen jüngeren Männern Oesterreichs.
Als nach dem galizischen Ausstände für
den schwersten Posten der beste Mann
gesucht wuide, da mußte die Wahl auf
ihn fallen. Als bei dem Ausbruche der Revolution der Hof sich nach einer
Stütze, der Adel sich nach einem Führer
umsah, der conservative Theil der Nation
nach einem Staatsmanne, dem zu ver«
trauen und zu folgen war, da suchten
alle Augen, nach einer stillschweigenden
Uebereinkunft ihn. Nachdem das alte
System umgestürzt, und die alten
Staatsmänner mit demselben vom po»
litischen Schauplatz verschwunden waren,
da war Niemand im Clvildienst der
Krone, der an öffentlichem Ansehen ihm
gleichstand. Erst später machte die mäch.
tige Gestalt des Fürsten Felix Schwär-
zenderg sich neben ihm geltend. Aber
sie verdunkelte ihn nicht. Jeder dieser
Staatsmänner hatte eine ihm eigene
Größe. Doch Fürst Schwarze nberg
hieß mit Recht Felix. Er endete erst.
als er vollendet hatle. Er drückte den
Stempel seines Geistes seiner Epoche auf.
Er fand die Zeit, um die Kraft seines
Willens in mächtigen Thaten auszu-
drücken. Er fand die Gelegenheit, sich
selbst seinem Vaterlande ganz zu geben.
Graf S tad ion war so glücklich nicht.
Er kam eben herauS aus jener kurzen
Periode, wo nichts zu erreichen war, als
durch Vorsicht, als durch Rücksichten,
durch ein tactvolleS Vorgehen auf schwie«
rigem Terrain, durch ein geschicktes ^a«
viren bei einem gefährlichen Wind, und
kaum in die andere Epoche eingelaufen,
wo ihm freie Hand zum Schaffen ge«
lassen war, da erlahmte sie. Das breite
Fundament der Staatseinheit, welches
er zuerst legte, der große schöpferische
Gedanke einer österreichischen — nicht
einer französischen — Centralisation, sein
Gedanke — sie überdauerten sein Wirken,
sie bilden das große bleibende Denkmal
dieses edlen Geistes, in der Geschichte
des Landes, welches er so treu geliebt
hat. Es darf einer spaten Nachwelt nicht
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon