Seite - 42 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
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Ktadion-MarthauseN) Ioh. Phil. Karl 42 Stadion-Marthausen, Ioh. Phil. Karl
sibts 6sö I^OHis«, und unumschränkter Be»
herrscker Spaniens, ein Enscnado (von sich
nichts), oder ein nordischer Leibkutscher als
Graf und Oberst, ein Leibbarbier als
Fürst, hatte den Stadion's Zuckungen ge«
kostet: Edle Herzen, aller Willkür feind am
meisten den Günstlingslaunen und dem Mi<
nister-Despotismus. Doch wc>r die an stch
schöne und in ihrer Zeit sehr begreifliche
Richtung nicht ohne Schattenseite. Fried«
rich von Natur heftiger, wie schon sein
stechender Vlick, sein hüpfender Gang und
alle seine Bewegungen zeigten, die noch in
Nastadt den naseweisen Franzosen nur ein
schwatzendes, schwänzelndes, tänzelndes El»
sterlein in dem überlegenen Mann erblicken
ließen, war in alle zeitgemäßen Ideen er
sckon eingegangen. Seine Stellung in der
Negierung brachte ihn unter alle Classen.
Als Geistlicher lagen ihm jene Gleichheits-
Ideen näher, durch die das Christenthum
die Barbarei zuerst gemildert hat. Daß ein
Domgraf von Cöln oder Straßburg, ein
Deutschordens»Comthur, ein Nitterhaupt«
mann und ein Bürger von Nürnberg oder
Ulm, ein schwäbischer oder fränkischer Bauer,
Einer ein Mensch wie der Andere sei, das
ist Ph i l i pp Stad ion wahrscheinlich nie
ganz klar geworden. Hätte er sich auf Na<
turgeschichte geworfen, gewiß würde er viele
Zeit zugebracht haben, diesen Sprung in der
3ineischrn Clafsification auszufüllen.... lln>
terdem Absolutismus ist jeder nur das, was
der Fürst will, und nur su lange er's
w i l l , heute uon Allen umkrochen, morgen
von Allen geflohen. Das wußte Ph i l ipp
Stad ion nicht zu vereinbaren mit Vater«
land und Ehre! Die beiden Worte lauten
ihm gar hell und rrin. wie die freie Berg»
luft deS MettenglöttleinS Klang hoch über.
den Qualm der Städte, über Triften und
Seen trägt. Er war eben das Gegentheil
eines Sero i len, ein wahrer und g a n»
zer Aristokrat, der Annäherung und
Ausgleichung keineswegs unzugänglich, und
im geschichtlichen, staatsrechtlichen und staatö«
wirtysckaftlichen Zusammenhang seiner Idee,
selbst in seinen angebornen Vorurtheilen ehr»
würdig." — Weiter schreibt Hoimayr.- „Es
ist nach unserem Gefühl ein Irrtbum, den
l5. Mai l824 für Stadion's Todestag ;u
halten. Sein wahrer Todestag fällt schon
auf den Morgen des 23. April 1809 Zu
Scharding im Vorzimmer des Kaisers Franz.
als der Flügeladjutant Graf Mar Auers« ! perg ankam, mit der Schreckenspost der
Niederlage des Hauptheeres, des Verlust»
vollen Rückzuges über die Donau in die
böhmischen Walder, und der Gefahr Wiens!
^. i>r63sut tou.t 6Lt Vsräu, mon Dien, mon
visu, tont söt xLi-äu! rief Stad ion halb
ohnmächtig hinsinkend. Man hat vom plötz»
lichen Kleitumlth des vor Kurzem noch so
hoffnungsreichen S tad ion in diesem Mo»
mente gesprochen-. Es ward ihm schrecklich
klar, nicht blos die Schlacht, der ganze
Krieg, wie er in seinem Geiste lag, sei
schon so wenige Tage nach dem Ausbruche
völ l ig verloren, die Begeisterung erkal.
tet, die Nachfolge gehemmt, die Freunde
preisgegeben! Eine ruhluvolle VertheidigungS,
und Opferschlacht, vereinzelte Siege der Bra-
uour des gemeinen Mannes oder der tapfe«
ren Volkstreue über so manche Insuffizienz
der Anführung machten S tad ion nicht
irre. Doch dieselbe pflichttreue Strengr, mit
welcher er in den größten podagrischen
Schmerzen feinem Vortrage aufhorchte, und
ungrstört Wichtiges fortarbeitete, bewährte
er auch jetzt in dem nachtheiligen Säumen zu
Budweis, auf dem langsamen Marsche ins
Marchfeld an die Wiener Brücken; in der
allzuhnusigen Meinungsverschiedenheit der
beiden Hauptquartiere von Wolkcrsdorf und
Wagram, wie nach dem Znaimer Waffen-
stillstand und dem Commandowechsrl in Lit»
tau, in den Hoflagern zu Komorn und To-
tis, bis die Gewißheit des nahen Friedens
sein wiederholtes Entlassungsgesuch herbei,
führte. Wer ibn ein paar Stunden darauf,
auf Pferde nack Prug wartend, auf dem
Walle Komornö spazieren gehen sah, und
ihn von den allergewühnlichsten Dingen (nur
nicht uon Politik und Krieg) reden hörte,
traute ihm gewiß eine römische Selbstbeherr-
schung zu. Ader seit jenem clis« nolauütu»
in Scharding war eine Bitterkeit in Sta-
dion's Inneren, dio bis an sein Ende sich
bald in der allerflachsten, menschrnueraänen«
den Frivolität, bald in einfach und herrisch
hingeworfenen Sarkaömen Luft machte, und
gar oft seine eigene Stellung alS Finanz«
Minister, einen ihm bisher fremden und
unwillkommenen Beruf, durchaus nicht
schonte. Ein zweischneidiges Schwert war
ihm durch die Seele gegangen." Die S ta .
dion's sind immer Deutsche geblieben. Sie
waren eingefleischte Reichsgsieder. Sie such'
ten in Wu'N nur den deutschen Kaiser, den
Bervahrer der Gesetze, den Vertreter der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon