Seite - 65 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
Bild der Seite - 65 -
Text der Seite - 65 -
Stadler, Maximilian Städter, Maximilian
gebaude den größten Theil des Ertrags
in Anspruch genommen hatten, vernich«
töten in den folgenden Jahren Mißwachs
und Ueberschwemmungen die Hoffnung
auf hinreichende Einkünfte. Auf diese
Weise hatten fortwährende Unfälle von
einer, allzu angestrengte Dienstleistung
von der andern Seite den Muth und
die Kräfte des nahe an den Siebzigen
stehenden Mannes dergestalt herabge«
bracht, daß aufAndringen seiner Freunde,
ja. auf den Rath des damaligen Erz»
bischofs von Wien. Grafen von Hohen«
wart, Stadlerselbst auf diePfairstelle
im Jahre 1816 resignirte, nachdem er
ihr durch sechs sotgenvolle Jahre vor«
gestanden hatte. In der ihm während
dieser Zeit gewordenen Muße vollendete
er nicht nur die schon erwähnten Chöre
zu dem Trauerspiele „Polyrena", die
bei Heinrich von Col l in 's Todtenfeier
1811 im großen UniversitatSsaale auf»
geführt wurden, sondern componirte
auch 1813 daS Oratorium: „Nie Vetrei-
ung von Jerusalem", wovon die erste Ab«
theillmg von Heinrich — die zweite von
Matthäus von Col l in gedichtet ist. I n
den Chören zur „Posyrena" versuchte S.
der erste, die ungleichen griechischen
Versmaße in fließende Melodien zu drin«
gen, was ihm vorzüglich gelang. Vom
Jahre 1816 bis an seinen Tod lebte
der damals nahezu 70jährige Greis von
seiner geringen Pension in beschränkten
Verhältnissen, aber frei von jenen Sor»
gen. die ihm sein letzter aufreibender
Dienst bereitet hatte. Diese beschränkten
Verhältnisse aber waren denn doch etwaS
herber Art. Seine Bezüge, nachdem er
im Jahre 1816 resignier hatte, bestan«
den in einer Pension von 230 fl. von
der Pfarre Böhmischkrut, wozu noch
160 fl. aus dem P'ensionSfonde hinzu«
kamen. DaS waren die Einkünfte des
v.Wurzb a
ch.bioar. Lerilon. XXXVII. l<ä ehemaligen ^odö oomNanäatairs und
nachherigen Linzer Domheirn! Von sei»
nen Verdiensten um die Musik, von sei»
ner Bedeutung als Coinponist sei hier
gar nicht die Rede. Nach seiner letzt«
willigen Anordnung bestand sein Mo-
biliar auS einem Bette, einem kleinen
Bücherkasten, zwei harten Tischen, einen
Kleider» und einem Schreibkasten, sammt
der Kleidung, aus einigen Büchern und
Musikalien. Als er starb, machten seine
Habe folgende Gegenstände aus: Eine
goldene Dose, welche, um das Leichen-
begängniß zu besorgen und den Arzt
bezahlen zu können, ins Leihhaus wan>
dern mußte, eine goldene Sackuhr, eine
andere von Tombak, eine silberne Dose,
nebst einem Paar solcher Schnallen. DaS
Piano, daS er besaß, hatte er schon bei
Lebzeiten verschenkt; eine Violine, die
da war, war werthlos. Die Bücher,
etwa 130 an der Zahl, waren meistens
Werke über Musik, welche in jenen Ta«
gen erschienen waren. Man sieht, in solck
ärmlichen Verhältnissen lebte ein höher
gestellter Priester, ein edler Meister der
Tonwelt, ein hochbetagter Greis in dem
musikalisch überschwenglichen Wien! Wir
enthalten unS. Vergleiche mit der Gegen«
wart zu ziehen, so nahe sie liegen, so
pikant sie wären! Auch in dieser letzten
Periode seines Lebens regte sich noch sein
Geist in nützlichem Fleiße. Er führte sein
schon fcüher gefaßtes Vorhaben aus,
Materialien zu einer Geschichte der
Musik in Oesterreich zu sammeln^
zu welchem Ende er mehrere Jahre hin.
durch sowohl im k. k. Hofmusikarchive
als in der Hofbibliothek arbeitete, meh-
rere der ältesten Manuscripte in das heu-
tige Notensystem übersetzte und das
Ganze so ordnete, daß daS Werk bis
zum Tode Mozart 's und Haydn'S
hätte fortgeführt werden können; doch
:dr. 20. Mai 1
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon