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Städter, Maximilian 66 Städter^ Maximilian
konnle er sich zur Redaction desselben
nicht mehr entschließen. Was mit diesen
an und für sich werthvollen Materialien
geschehen, in wessen Besitz sie gekommen,
ist leider nicht bekannt. Die übrige Zeit
verwendete er. um angehenden Kunst
lern Rath und Aufklärung zu geben,
ihre ihm vorgelegten Kompositionen zu
beurtheilen u. dgl. m. Er unternahm
sogar nocb in spätester Zeit einige musi<
kalische Arbeiten, wie er denn z.B. in
seinem 84. Jahre den Psalm 94 für
vier Singstimmen zum Gebrauche des
Wiener ConservatoriurnS in Musik setzte;
damals auch trat er mit den schon
erwähnten Schriften für die Ecdtheit des
M o z a r t'schen Requiem a.if. Wahre
Frömmigkeit, thatige Menschenliebe, un^
ermüdete Gefälligkeit gegen Jedermann,
ein unter allen Umständen zufriedener
Sinn und eine unzerstörbare gute Laune
waren die Hauptzüge seines Charakters.
Sein größtes Vergnügen fand er in der
Musik, worin er nicht nur einer der
gründlichsten Kenner, sondern auck ge«
diegener Componist und gewandter Prak»
tlkec war. Seine Lieblingsheroen in die«
ser Kunst waren Händel , S. Bach,
Gluck. Mozar t lind Haydn; aus
diesen wieder vorzüglich Bach und Mo«
zart. welch letzterer ihm der Höckste,
der Einzige war. Unter den neueren
dramatischen Tonsetzern liebte er am
meisten Cherubini ' , doch ließ er auch
minder begabten Meistern, wo er es aus
Ueberzeugung thun konnte. Gerechtigkeit
widerfahren. Man hat ihn im Verdacht
gehabt, daß erBeetho v en und seinen
Werken abhold war. Beethoven jeldst
stand in der Reihe seiner Freunde, wie
vorhandene Briefe dieses großen Ton-
Ätzers beweisen; und Abb6 Stad ler
hat Beethoven's Septett mit eben so
viel Fleiß als Liebe für das Pianoforte übersetzt. Seine Kenntnisse der Tonkunst
waren gründlich, seine ästhetischen Be»
griffe von derselben klar und richtig, und
sein Geschmack rein und edel; so konnte
er denn auch den Gang nicht billigen,
welchen die erfindende sowohl als die
ausübende Musik in den letzten zwei
oder drei Decennien eingeschlagen hat;
doch eine scherzhafte Ironie war die ein«
zige Waffe, die er dagegen brauchte, und
die Hoffnung, daß man von den gegen-
wärtigen Verirrurlgen von selbst wieder
zurückkommen werde, begleitete ihn zum
Grabe. Wiederholt wurden ihm fürstliche
Andenken zu Theil. Mehrere Diplome
musikalischer Gesellschaften und Akade-
mien, durch welche er zu ihrem Ehren»
mitgliede ernannt wurde, bezeugten die
Achtung, welche man ihm allenthalben
als Musikgelehrten und Tonsetzer wid»
mete. Aus diesen Diplomen legte er den
meisten Werth auf dasjenige, welches er
von dem Schweizer Musikverein
erhielt, nachdem am 6. September 4829
sein Oratorium „Die Befreiung von
Jerusalem" bei dem großen Schweizer
Musikfeste zu Zürich mit enthusiastischem
Beifall war aufgeführt worden. S ta d«
ler erreichte das hohe Alter von 85 Iah-
ren, 3 Monaten und 4 Tagen. An sei»
nen geistigen Fähigkeiten war nicht die
mindeste Abnahme zu bemerken; von
seinen physischen schien allein das Gehör
im letzten Jahre etwas abzunehmen;
seine Augen aber blieben so kraftig, daß
er bis an sein Ende den kleinsten Druck
ohne Hilfe von Brillen lesen konnte.
S. wurde auf dem St. Marxer Fried«
Hofe in Wien beigesetzt. Eine Inschrift
von Caftel l i schmückt seinen Denkstein,
den ihm sein Freund Freiherr von
Trat tner hatte setzen lassen. Bei der
am 28. November 4833 von der G e«
sellschaft der Musikf reunde deS
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon