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Stainer, Jacob 98
Erst am 27. September wurde er aus sein
Haft entlassen, aber die Folgen sollte er noch
später fühlen. Als er nämlich in seinen Ver<
mögensverhältnissen immer mehr zurückkan
lind Albert Graf Fugger die Bezahlunz
eines ihm geliehenen Capitals von 430 fl
im Jahre l6?7 forderte, wendete sich S ta i
ner an den Kaiser, der eben seine dritt«
Hochzeit feierte, daß man ihm diese Schuld
„in Gnaden gut machen" möchte Wider allei
Erwarten erhielt er einen abschlägigen Be
scheid. Man batte von Inusbmck aus das
Gesuch deS in Betreff des katholischen Glau
bens „Verdächtigen" gar nicht fürwörilich ein
begleitet und so ward Eta iner mit kcnser
lichem Erlasse vom 48. Februar 1678 ab
schlägig beschieden. Von dieser Zeit an wurde
er gänzlich unthätig, velfiel allmälig in Trü
sinn. der zuletzr in Tobsucht ausartete, in
welchem er so gefährlich wurde, daß er ge
bunden werden muß:e. Im Hause zu Absün
zeigt man noch in eim'r hölzernen Bank das
3och, durch welches 2. an die Bank ange
bunden wurde. S ta ine r's Ehe wlir sehr
kinderreich. Er hatie neun Kinder, acht Töchter
und einen Sohn, dieser wie sein Vater Jacob
getauft, der frühzeitig starb. Die jüngste
Tochter. Gertrude, wurde ihm im Jahre
1666 geboren. Das ist das bisher urkundlich
Festgestellte aus Stainer 's Leben. Daß
liatürlich, da Sta iner 61 Jahre alt gewor-
den, mit dem Mitgetheilten die Darstellung
desselben nicht erschöpft ist. bedarf keiner
Erklärung und es können noch neue Docu«
mente zu Tage treten, welche neues Detail
über den unglücklichen Mann bringen. Be>
sonders die Nachrichten über seinen finan-
ziellen Verfall bedürfen der Ergänzung.
Stainer's Gattin Margaretha starb
sechs Jahre nach ihm. 168!). im Alter von
69 Jahren in großer Armuth. Bald folgten
ihr auch zwei Töchter. Anna und Mar ia,
beide arm und unverehelicht. Ueber die
übrigen liegen keine Nachrichten vor. Nas
nun seine so und mit Recht berühmten Gei-
gen betrifft, so war eben ihre Güte und der
Umstand, daß sie mit hohen Preisen bezahlt
wurden (300—500 Ducaten). Veranlassung
zu häusiger Fälschung. Benutzte doch Ja«
cobs eigener Bruder, Marcuü. dessen
Namen zu solchem Zwecke. Nicht alle Geigen,
welche als Siainer'sche ausgegeben wer«
den, sind von ihm, uno die Zahl der
als seine Fabricate festgestellten Geigen
ist ungemein gering. So besaß Mozart Staine^ Jacob
eine echte S l ai nei-Geige, gegenwärtia im
Besitze ei>',es Herrn Lenk. Lehrers am Mo«
zarteum; — ein rchter Stainer'scher Violon
befindet sich auf dem Chor in der Pfarrkirche
zu Hall in Tirol mit der Inschrift: „<saoo-
bu5 staiuor Oonipont. leoit in ^dükui
l03:!", _ f^ner besitzen S ta i n er< Geigen
der Graf Castelbarco in Mailand und
Herr Chrönsel in Wien. Diese letztere
Geige, flüher im Besitze des Münchener
Concertmeisters Fränzel. hat eine ganze
Geschichte, welcke in der zu Speier erschie»
nenen „Musikalischen Correipondenz" vom
1. Juni 179l abgedruckt steht. Es ist näm«
lich von jener- Geige die Nede, welche Graf
T rau ttm a n s oo r f s für den tüchtigen
Geiger Georq Stez itzky gekauft hatte. Die
„Bodemia" 183«. Nr. 17. band ihren Lesern
den Bären auf, daß diese Geige 30.0Ul) fl.
gekostet habe. Dieser Münchhausiade trat nun
ein Dr. Hurka im Eb ers b e rg'schen
„Oesterreichischen Zuschauer 1838. Nr. 49, im
Aufsatz^ „Die theuerste Geige des Jacob
Stainer" entgegen, indem er aus Acten,
welche im Archive zu Bischofteinitz ciufbe.
wahrt werden, ermittelte, daß die ganze Aus-
lage für die in Rede stehende Geige in
9797 fl. bestche. Immerhin eine noch genug
hohe Summe. Auch vi». Schafhäut l be-
richtet über diese Geige in einem Vliefe an S.
Ruf, dem wir bisher das einzige quellen«
mäßige Material über S ta iner verdanken:
Schafh äutl'ö und Hurka's Mittheilungen
stimmen im Wesentlichen überein. Wie Stai»
ner feine Geigen baute, wie er im Walde
oft stundenlang zubiachte und den Ton des
Holzrs der Haselfichte, wmaus er seine Gei«
gen baute, studirte. berichtet eben der er»
wähnte S. Nuf ^Vd. XXVII . S, 240^.
Ein Schüler Stainer'ü, der aus Mitten-
walde gebürtige Mathias Klotz, hat das
Geheimniß des Stainer'schen Geigenbaues,
so weit ihm selbst dieses bekannt geworden,
auf die Nachwelt gebracht und hat in
den Jahren 1670—1676 die Fabrication der
Geigen schwunghaft betrieben. Das Geschäft
wiro noch heute von der Firma N einer
und Hornstein aus Mittenwald nachStai '
nel'schen Traditionen fortgeführt. Darüber
berichtet das „Neue Wiener Tagblatt" 1870.
Nr. 138. Es wurde schon Eingangs dieser
Nachrichten über S ta i ner bemerkt, daß sicv
die Poesie viel mit S ta iner beschäftigt
und wohl auch zunächst veranlaßt habe. daß
so viele Unrichtigkeiten über sein Leben ver»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon