Seite - 149 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
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Staps 149 Staps
zuführen?" „Ich bin vor acht Tagen
nach Schönbrunn. mit der Absicht, Sie
zu todten, gekommen; aber die Parade
war gerade zu Ende. ich hatte daher
die Ausführung meiner Absicht auf heute
verschoben." — „Sie sind verrückt, sage
ich Ihnen, oder krank." „Weder das
Eine. noch das Andere." — „Man lasse
Corv isar t kommen." „Wer istCor«
visart?" — „Ein Arzt", antwortete
Rapp. „Ich brauche keinen." — Wir
blieben — fährt Rapp fort — ohne
ein Wort zu sagen, bis zur Ankunft des
Arztes. Staps war unbeweglich. Cor«
visart kam; Napoleon hieß ihn den
Puls des jungen Mannes befühlen; er
that es. „Nicht wahr. mein Herr, ich
bin nicht krank?" „Der Herr befindet
sich wohl", erwiederte der Arzt, indem
er sich an den Kaiser wandte. — „Ich
hatte eS Ihnen ja gesagt", erwiederte
S t a p s mit einer Art Genugthuung.
Napoleon, von so viel Sicherheit des
Benehmens in Verlegenheit gesetzt, nahm
das Verhör wieder auf: „Sie haben
einen exaltirten Kopf; Sie werden Ihre
Familie ins Verderben bringen. Ich will
Ihnen das Leben schenken, wenn Sie
wegen des Verbrechens. daS Sie be»
gehen wollten, und das Sie bereuen
müssen, um Gnade bitten wollen." „Ich
will keine Gnade. Ich empfinde das
größte Bedauern, daß mir mein Vor>
haben nicht gelang." — „Der Teufel l
es scheint, ein Verbrechen ist für Sie
gar nichts?" „Sie zu todten, ist kein
Verbrechen; eü ist eine Pflicht." —
„Was ist daS für ein Bildniß, das man
bei Ihnen gefunden hat?" „Das eines
Mädchens, welches ich liebe." — „Sie
wird über Ihr Abenteuer sehr betrübt
sein?" „Sie wird betrübt sein, daß
meine Absicht nicht gelang; sie verab»
scheut Sie ebensosehr, als ich." — „Aber wenn ich Sie begnadige, werden Sie
es mir Dank wissen?" „Ich werde Evc
nichtsdestoweniger todten." — Nach
einem anderen Augenzeugen (Cham-
pagny) war diese Sprache von einem
sehr sanften Ton und bescheidenen Ma«
uieren begleitet; kein angenommener
Trotz, kein anmaßendes Wesen. Na«
poleon war niedergeschmettert (Na-
poieon kut Ltupelait), fügt R a p p
hinzu. Er ließ den Gefangenen abführen,
um ihn nochmals durch den General
Lauer verhören zu lassen. Der junge
Mann beharrte entschieden dabei, daß
der Plan ganz von ihm selbst gefaßt
worden. Von den Mitteln, welche Na»
poleon anwandte, um ihn zum Ge»
ständniß zu bringen, erzahlt der Ge«
schichtschreiber Thiers nichts. Diese
Mittel bestanden in der Tortur des
Hungers! Napoleon selbst hat auf
St. Helena dem Arzte O'Me a ra gestan«
den, er habe „Befchl gegeben, dem Ge«
fangenen während 24 Stunden keine
Nahrung zu reichen — nur Wasser".
sO'Meara,„Napoleon im Eril"^. Ein gro«
her Bewunderer Nap o le on's, d^r kai«
serliche Palastprafect Herr de Beausset
erzahlt in seinen „Memoiren" sBand I I ,
Seite 228^ Folgendes: „Man hielt ihn
(Staps) einige Tage in völligster Ab-
geschlofsenheit. indem man ihn die Lei«
den der Entziehung des Schlafes fühlen
ließ. ihm blos Früchte zur Nahrung gab.
um seine Leibesbeschaffenheit zu schwä«
chen und ihn so zur Namensnennung
seiner Mitschuldigen zu zwingen". Damit
stimmt auch im Wesentlichen R a p p'S
Aeußerung, daß der Gefangene von
Donnerstag bis Sonntag, wo er hin»
gerichtet wurde, nichts genoffen habe.
Rapp sagt serner: Als man S t a p s
Nahrung bot. habe er sie verweigert,
indem er erklärte, es bleibe ihm noch
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon