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Starhemberg) Ernst Rüdiger 1.72 Ftarhemberg^ Ernst Rüdiger
ckes und Scherffenb erg. der Marckese
Obizzo befehligte die Stadtguardia. Die Be.
satzung zählte i3.900 Mann; über 8000 Bürger
waren förmlich in Compagnien eingetheilt,
über 12.000 bewaffnet und zum Dienste ver<
tbeilt. und nebst diesen noch mehr als 60.000
Menschen im Umfange der immer härter
bedrängten Stadt. Die Belagerer errichteten
Tag für Tag Stuckbette auf der Höbe des
Croatendörfels. des rothen Hofes, der Laim»
«rube, wider die Burg« und Löwelbastei
und das Navelin, nach und nach zehn Stuck«
bette, und zwei in der Leopoldstadt, welche
am l?. Juli nach einem Zweistündigen Ge«
fechte in die Hände der Türken gefallen
und von ibnen verbrannt worden war, wo»
durch alle Communican^n init dem Heere
des Herzogs von Lothringen und alle Zu-
fuhr aufhörte. Das türkische Lager uon außen
umsing die Stadt in einem ungeheuren Halb-
monde. Starhemberg machte des Tages
oft viermal die Runde um die ganze Stadt,
überall aneifernd und ermunternd; er selbst
ging keiner Gefahr aus dem Wege. Auf der
Löwelbasiei erhielt er einen Schuß tn den
Kopf' doch sckon am dritten Tage besuchte
er in seinem Tragsefscl wieder alle Posten.
Die Türken arbeiteten nach ihrer Gewobn«
reit viel mit Minen; aber dem Comman-
danten erboten sich geschickte und muthige
Männer, und so wurden Gegenminen mit
iVlä'rr Geschicklichkcit gelegt, daß. wenn
rine Mine mit Hunderten von Türken in
die Luft flog. Starhemberg die kühnen
Mineurs freudig umarmte und Grlo und
Ehrenzeichen uliter sie vertheilte, lim dem
drohenden Fortgange der feindlichen M'nen
zu begegnen, ließ Starhem berss auS den
nächsten Häusern hinter der bedrohtesten
Strecke des Walles neue Batterien aufwer«
fen, alle anstoßenden Straßen, Aus» und
Eingänge uerdollwerken. gegen die Stür-
mer siedendes Wasser und Pech, Steine und
Feuerdrände und an jedem Aus« oder Ein«
gange grobeö Geschütz bereit halten. Die
Glocken schwiegen nach Kriegessitte,- nur die
große Glocke von St. Stephan, Ängstern
genannt, gab das Zeichen der Sturmnoth
und der Feindcsnngst. Auf dieses Zeichen
mußten sick die Soloaten auf den Wällen,
die Bürger auf dem Hofe. die Universität
auf der Freiung, die Niederlags. und Buch»
daltrreiverwündten mit den Hofbefreiten auf
dem neuen Markte einsinden. In der Stadt
hielt S ta rdc m derg mit unerbittlicher Strenge die Mannszucht, Ordnung und Si-
cherheit aufrecht, und seine Fürsorge war
eben so energisch, als allseitig. Während er
einen Hauptmann, der einen Augenblick mit
dem Vorrücken gezögert, festnahm, bis der«
selbe sich gerechtfertigt, einem Lieutenant,
der des Nachts die Türken ruhig vor der
Löwelbastei sich hatte eingraben lassen, die
Wahl stellte zwischen dem Galgen oder küonem
Ausfalle mit wenigen Leuten zur Wieder»
zerstörung der Arbeiten, zwei Knaben von
15 und 10 Jahren, welche den Feinden als
Kundschafter gedient, enthaupten, und Sol,
daten, weil sie gemurrt, auf der Stelle um
ihr Leben würfeln ließ, erhielt er die Preise
aller Lebensbedürfnisse wohlfeil, handhabte
die zweckmäßigsten Sanitätsanstalten. und
sorgte, selbst von der Nubr ergriffen, väter«
lich für alle Verwundeten und Kranken So
hielt er gegen alle wüthenden Angriffe der
Feinde. gegen den Andrang der Türken ge-
gen die Wälle und den unterirdischen Mi.
nenkrieg die schwer bedrohte Stadt bis zum
Augenblicke der Rettung durch den Arm der
verbündeten Christenheit, durch des Lotbritv
gers besonnenen Muth, des Polrnkönigs
Johann Sobiesky niederschmetternde Ta«
pferkeit und den Eifer der deutschen Für-
sten. Johann Georgs I I I . (deö „säch-
sischen Mars"). M ar E m a n u e l s von
Baiern u. A. Als die Osmanen heulend daS
mit ihrem Blute bedeckte Feld geräumt,
empfing (<3. September) der Polenkönig den
Grafen Starhemberg im eroberten 3a-
ger mit jener Herzlichkeit, welche Helden
jeglichen Standes zu verbrüdern pflegt, und
hielt an seiner Seite den Einzug in die ge-
rettete Stadt. Der Kaiser eilte, in Star«
hemberg den Netter Wiens, ja Orster-
reichs, zu belohnen, Starhembera er«
hielt einen kostbaren Ring. l.000.000 Reichs«
thaler, den Feldmarschallsstab. die Würde
eines Staats» und (Zonferenzministelö und
in sein Wappen den Stephanschurm —
von welchem aus er die Bewegungen der
Feinde zu beobachten pflegte — zum ewigen
Andenken. Dle Kaiserin verehrte ihm einen
aus Gold und Edelsteinen zusammengesetz-
ten Adler, zwischen dessen beiden Häuptern
oer St. StephanStkurm sich erhob; die
niederösterreichischen Stände übelreichten dem
Helden einen goldenen, mit Diamanten be»
setzten Degen uno die ooerösterreiänschen
Stände einen goldenen, gleichfalls mit Edel»
steinen nich besetzten Stab; der Magistrat
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon