Seite - 252 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
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desselben im Schießen läßt vermuthen, daß
er auch ein tüchtiger Forst- und Jägers-
mann geworden wäre. Aber die schwäch»
liche Constitution des Knaben erregt
weniger bei dem Vater aiS bei den
Anverwandten Bedenken; der Schul«
lehrer I . Groß in Wöllersdorf, ein
Vetter Staudigl 's , meinte, daß der
Knabe nicht für den Dienst im Walde
tauge, vielmehr bei seinem Talente, das
sich darin kundgebe, daß er, der damals
fünfjährige, bereits gut lese und schreibe,
ein tüchtiger Schullehrer werden könne.
Der Vater hatte nichts dagegen einzu
wenden, und so kam denn, als S. sieben
Jahre alt wc:r, bereits der Unterricht im
Singen und auf der Geige an die Reihe.
Mit dem Singen ging es so gut vor«
warts, daß er im neunten Jahre bereits
vom Blatte lesen konnte, hingegen ließen
die Fortschritte im Geigen- und Claviev
spiel sehr viel zu wünschen übrig. Um
nun in der eingeschlagenen Richtung den
Jungen möglichst zu fördern, galt es zu-
nächst, ihn so bald als möglich als Sän-
gerknaben unterzubringen. Es fügte sich
eben glücklich, daß in Wiener>Neustadi
bei dem Regenschori und Director der
Hauptschule Anton Herzog eine So»
pranistenstelle zu besetzen war. Stau«
d ig l's Vetter empfahl den Jungen, der«
selbe wurde geprüft, tauglich befunden
und am 1. November 1816 als Sänger«
knabe aufgenommen. Als solcher machte
cr bald so günstige Fortschritte, daß er
in kurzer Zeit zum Solisten vorrückte;
nebenbei besuchte er das Gymnasium und
die guten Fortschritte in den Studien
steigerten auch die Wünsche der Eltern,
die nun ihren Sohn schon nicht mehr
Schullehrer, sondern gar einen Doctor
werden lassen wollten. Nachdem er die
ersten drei lateinischen Classen vollendet
hatte, wollte ihn der Vater zu einem Chirurgen nach Lichtenwertk in die Lehre
geben; aber auf Zureden seines Lehrers
und deS ChorregenS unterblieb die Aus»
führung dieses Planes und S taud ig l
dürfte feine Studien fortsehen. I n diesen
machte er die besten Fortschritte, ebenso
im Gesänge, hingegen im Geigenspiele
so schlechte, daß dasselbe aufgegeben und
an dessen Stelle der Unterricht im Zeich«
nen gesetzt wurde, wofür S. treffliche
Anlagen zeigte und in der That in zwei
Jahren der beste Schüler des Zeichnen-
meisterS Nimerofsky wurde. Sein
Zeichnentalent machte den FortificationS.
Baumeister Joseph Koch in Wiener«
Neustadt auf S. aufmerksam, der eben
mutirte und aus seiner bisherigen Ver«
sorgung als Sängerknabe — November
1822 — getreten war. Koch nahm sich
nun seiner an, lehrte ihn das Bauzeich,
nen und verwendete ihn während des
letzten Jahres seiner Gymnasialstudien
als Bauzeichner. Kock, der den Jungen
noch, als er Sängelknabe war, liebge«
wonnen. faßte nun. da er seine Fort«
schritte im Zeichnen gewahrte, den Ent«
schluß, sich vollends seiner anzunehmen
und ihn ganz für sein Fach zu erziehen,
in welchem er dereinst sein Nachfolger
werden sollte. Aber damit fand er bei
seinen Eltern kein Gehör. Die sahen in
ihrem Sohnr nur einen Maurer im
Schurzfelle, der möglicher Weise durch
einen Sturz vom Gerüste sich zum Kmp.
pel fallen konnte, und so kam man auf
den ursprünglichen Gedanken, er solle
Schullehrer werden, zurück. Dagegen
aber erhob S. selbst Einsprache und
wollte seine Studien fortsetzen. Nun
aber fehlten den Eltern die Mittel, ihn
dieselben fortsetzen zu lassen, wozu erunbe«
dingt die meiste Eignung zu haben schien.
Der Regenscbori bemerkte jedoch, mit
der Schulmeisterschaft muffe es sein Be.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon