Seite - 254 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
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Staudigl 254 Ständig!
Bei dem. Prälaten fanden mehrmals in
der Wocbe musikalische Abendunterhal«
tungen statt, bei denen S. wk Anbeginne
nicht mitwirkte, da er mit dem Gesänge
schon seit drei Jahren — nämlich wäh»
rend seiner Ml'tationszeit — pausirt
hatte. Nun begann er wohl wieder zu
singen, aber sein geringer Stimmumfang
sehte ihm Schranken, noch mehr aber
der Umstand, daß er, deS Pianospiels
unkundig, sich
selbst nicht begleiten konnte.
Er lernte demnach Guitarrespielen und
sang nun den ganzen Tag — mit Vor«
liebe Schuber t'sche — Lieder, so daß
er darüber öfters Verdruß bekam. Um
aber bei den musikalischen Abendunter«
Haltungen deS Prälaten mitwirken zu
können, erlernte er Oboe spielen, da der
Student, welker dieselbe gespielt, an eine
andere Lehranstalt übergetreten und somit
dieses Instrument vorderhand unbesetzt ge»
blieben war. Er spielte nun dieselbe bis zu
seinem am 13. September 1827 erfolg-
ten Austritte aus dem Stifte. Denn je
länger S. im Stifte war, um so ernst«
licher wurde er gewahr, daß er für daS
Klofterleben doch nicht passe, und so bat
er denn um seine Entlastung, die ihm
auck ertheilt wurde. Ohne alle Mittel,
ohne Aussicht auf irgend eine Unterkunft
brachte ihn daS Schiff auf der Donau
nach Wien. Dort kannte er keine mensch«
licke Seele, und so stand er ohne Freund,
der ihm rathen, ohne Mittel, mit denen
er sich ein paar Tage forthelfen konnte,
mitten in der großen Weltstadt. Seine
ganze Hoffnung hatte er zunächst auf
das k. k. josephinische (arztliche) Institut
gerichtet. Da er aber mittellos war,
mußte er während der Ferienzeit, wah-
rend welcher er seine Aufnahme in das
Institut betreiben wollte, im Elternhause
in Traiskirchen zubringen, was, da er
den Eltern durch seinen Austritt aus dem Stifte auch ein schweres Herzeleid
zugefügt hatte, eben nicht erquicklich war.
Indessen blieben seine Versuche, die Auf.
nähme m das Iosephinum zu erwirken,
vergeblich und so ließ er sich denn in der
Universität einschreiben, in der Hoffnung,
durch Lectionen feinen Lebensunterhalt
zu erwerben. Eine solche erhielt er
wohl, das Honorar bestand in freiem
Mittagstisch, aber das Schulgeld mit
30 fi., für seine Verhältnisse eine Riesen-
summe, war zu bezahlen, eines Secir-
Apparates für die Lehrstunden der Ana»
tomie bedürfte er auch dringend und mit
den wenigen Gulden, die er sich für seine
Mitwirkung auf dem Chöre bei den
Augustinern auf der Landstraße verdiente,
konnte er diese Ausgaben nicht bestreiten,
und wenn ihm auch diese paar Gulden
über andere Nöthen hinweghalfen, seine
eigentliche Lage verbesserten sie doch nicht.
Nacbdem er sich über seine Lage mit
einem Freunde berieth, bewarb er sich
auf dessen Rath um die durch Wein>
müller's Tod in der Hofcapelle erle-
digte Bassisten stelle. Nun zum Concurse
wurde er wohl zugelassen (4. Juni 4828),
aber das natürliche Talent, ohne alle
Schule und theoretischen Kenntnisse,
reichte auch für einen einfachen Sänger»
posten. wenngleich der Bewerber die
beste, jedoch noch ungeschulte Stimme
besaß, nicht aus. Bis die Entscheidung
getroffen wurde, sah nun S. nach ande-
ren Seiten aus, um den Eltern, die. wenn»
gleich mit kleinen Mitteln, aber nichts-
destoweniger mit großen Opfern ihn
unterstützten, nicht länger zur Last zu
fallen. Als um diese Zeit Graf von
Gal len der g ^Bd. V, S. 68) Mit-
glieder für das k. k. Hofoperntheater
engagirte, bewarb sich S. an demselben
um eine Stelle; mit dem Gehalte, den er
daselbst zu erlangen hoffte, wollte er eni>
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon