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Staudigl 25? Staudigl
berühmte Sängerin Clara Novel lo um
ihre Mitwirkung. Diese aber verlangte
dafür von dem armen Teufel 230 fi.
Honorar. Diese Ausgabe konnte der
Bittsteller nicht erschwingen und doch
hatte er alle Hoffnung auf sein Benefice
gesetzt. Hölzel nett) ihm. sich an Stau«
digl zuwenden. Als dieser die Bitte
deS armen Sängers vernommen, sagte
er ihm seine Mitwirkung mit folgenden
Worten zu: „Das versteht sich von selbst,
Sie sind mein College, ich singe umsonst."
— Als sich dieser liebenswürdige Zug
des Sangers in London verbreitet hatte,
wurde er der Liebling des Publicums
und mit Auszeichnungen überschüttet.
Durch vier Jahre, wahrend der Dauer
der italienischen Saison in Wien. glänzte
Staud ig l als der erste deutsche Baß«
sänger in London. Nicht anders war es in
den großen Städten des Landes, welche
er besucdte. Im Vortrage Handel'scher
Arien, Schub e rt'scher und Mendels-
sohn'scher Lieder und Oratorien war
er hinreißend. Im Jahre 184l — bis
dahin hatte S. in London nur in Con»
certen gesungen — trat er in Opern auf,
u. z. zuerst bei dem von Schumann in's
Leben gerufenen deutschen OpelN'Unter«
nehmen als KaSpar im „Freischütz".
Vor ihm hatte noch kein deutscher Sanger
ahnlichen Erfolg zu verzeichnen. Man
riß sich um ihn um ihn für Concerte in
den Salons oer höchsten 'Aristokratie zu
gewinnen. Als er aber im Jahre 1843
zum ersten Male in der englischen Oper
sang und er seine Wunderstimme in den
Lauten der Sprache Shakespeare's
ertönen ließ, da war auch der Beifall ein
frenetischer. Als dann im Jahre 4843
wieder eine deutsche Oper in London ihre
Vorstellungen gab, rettete Staudig l 's
Einsicht und Herzensgüte das schon beim
Beginne in Frage gestellte Unternehmen. ErftelltesichandieSpihe desselben, opferte
den ihm zugesagten Antheil des Gewinns
und bewahrte die vaterlandische Kunst
vor dem schmählichen Bankerott, den sie
zu gleicher Zeit in Paris erfuhr, wo man
um Almosen für sie betteln mußte. Stau-
dig l brachte seine Collegen mit Ehren
nach Häuft zurück. Im Jahre 1846
wurde er von Lumley für die italie-
nische Oper gewonnen und nun erregte er
mit seiner Leistung die Eifersucht von
Lab lache, der ihm in echtem Künstler«
hochsinn die Palme zugestand. Diese
Erfolge des Künstlers waren aber nicht
nur imaginäre des enthusiastischen Bei«
falls, sondern auch materielle von nicht
geringer Bedeutung, da der Künstler, der
ein sehr ordentliches Leben führte, als»
bald ein ansehnliches Vermögen gesan-.»
melt hatte. Am i. Apr>l 184!) verließ
Staud ig l das Hofoperntheater, wo
Karl Fo r mes an seine Stelle trat. Er
selbst nahm bei der von Po körn y im
Theater an der Wien ins Leben gerufenen
Oper die Stelle des OberregiffeurS der
Oper mit 12.000 fi. Iahresgage an.
Wahrend seines Wirkens im Theater an
der Wien stand die Oper thatsächlich in
der höchsten Blüthe und machte die Vor-
stadtbühne der reich subventionirten Hof»
oper mit Erfolg den Rang streitig. Da«
mals erschien die Jenny Lind in Wien
und sang im Theater an der- Wien;
ferner die Anna Zerr, die Lutz er,
Tuczek, La Gränge u. A. Die
Composlteure Meyer beer, Bal fH,
Lortzing, Wal lace dirigirten Person»
lich ihre daselbst zum ersten Male aufge-
führten Opern. Nach dem Jahre 1848
kehrte er ins Engagement am Hofopern,
theater zurück und blieb bei demselben
bis zu seiner im Jahre 4834 erfolgten
Entlassung, welche Director Corner
dem Künstler, der über ein Vierteljahr»
v. Würz dach. bioar.Lerikon. XXXVII. sGedr. 9. August l878.)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon