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Staudigl. 238 Staudig l.
hundert an der Anstalt zu deren Ruhm
und Gedeihen gewirkt, in seiner bekann
ten rohen Weise gegeben und so w
den ersten Grund zu der bald darauf ein
getretenen Katastrophe gelegt hatte. Am
18. Februar 1834 sang er den Rüben
im „Verlorenen Sohne" zum letzten
Male im Hofoperntheater. I n der Tha
hatte der herrliche klangvolle Baß, den ei
bisher sang. in den letzten Jahren an
Kraft und Ausdruck Valoren, aber imme
nock war er eine Kra^'t in der Oper, die
ihres Gleichen suchen konnte. Zu der
dem Künsiler durch seinen ungeschlachten
Director widerfahrenen Kränkung gesellte
sich nun noch der Kummer über seine
Besitzung in Steicrmark, welche er, der
Landwirthschaft unkundig, zu hohem
Preise gekauft und worauf er noch einen
Theil des Kaufpreises sckuldete. Oft.
mals erklärte er, er wolle nur so lange
singen, bis er sich den für die Tilgung
dieser Schuld erforderlichen Betrag er
worben. Im Februar 1833 eröffnete er im
Pesther deutschen Theater ein vier Abende
umfassendes Gastspiel: Plumkett.
Ber t ram, Ast hon, Tel l . I n der
letzten Partie verließ ihn aber plöhlich
sein Gedäcktniß und nur mit großer An-
strengung vermochte er es. die Partie
zu Ende zu singen. Nack der Vorfiel»
lung brach er zusammen und klagte seinen
Freunden in Thränen in herzzerreißender
Weise seine Ohnmacht, weiter zu singen.
Noch versah er den Capellendienst in der
Hofkirche, an welcher er seit dem Jahre
1831 angestellt war, aber mit dem
Künstler war eine merkliche Aenderung
vor fick gegangen. Die Heiterkeit seines
vorigen Wesens war abgestreift. Einer
Aufforderung des ComitöS. an der Lä>
culan'eier des Mozartfestes mitzuwirken,
kam er nach und am 27. lind 28. Jänner
1836 sang er mit hinreißender Schönheit das „Dies irae". Dann trug er in einem
Concerte am 1(1. Februar 1856 im Tkea«
ter an der Wien Schubert's «Wan«
derer" und ein eigenes Lied: „An die
Nacht", vor, worauf daS Publicum stur«
misch noch einen Vortrag veilangte und
er „Die Gruppe aus dem Tartarus"
sang. Auch wirkie er am Palmsonntag
d. I . in der „Schöpfung" von Haydn
mit. und hatte damit sein öffentliches Auf«
treten beschlossen. Von einem glänzend
ausgefallenen Gastspiele in Krakau zu«
lückkehrend, sollte er eineS in Brunn
antreten. Von der Reise erschöpft ange»
langt, wollte er dennoch auftreten, konnte
aber nur mehr die erste Arie fingen und
mußte wegen zunehmender Heiserkeit sei-
nen Part einem anderen Sänger abtre»
ten. In- Brunn hatte also der Sänger
zum letzten Male die Bretter, welche die
Welt bedeuten, betreten. I n Wien an-
gelangt, verfiel er immer mehr und mehr
in Tiefsinn bis eS auf dem Stephans»
platze am 10. April 1836 zu vollem
Ausbruche kam, so daß ihn seine Familie
in die Irrenanstalt bringen mußte. Am
. Mai 1836 wurde S. wegen gecicht«
lich erhobenen Wahnsinns unter Curatel
gesetzt und Hofrath von Hye zu seinem
Curator bestellt. Einige, aber nur kurze
Zeit trug man sich mit der Hoffnung auf
seine Wiedergenesung. Bald aber er«
kannten die Aerzte seine Krankheit als
unheilbar. Die Pflege, die ihm in der
Anstalt ;u Theil wurde, war eine muster«
hafte und sein Wesen nahm allmälig eine
ruhige Fassung an. Er spielte Billard
ind Schach, in welchen zwei Spielen er
Meister wir. Auch trieb er Musik, las
Zeitungen und Bücher. In Begleitung
eiues Arztes machte er ofl Ausflüge auf
as Land, und namentlich nack Dorn-
ach, dessen herrlichen Park er über alles
ebte. Neber sein Verhalten im Irren»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon