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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37
Seite - 264 -
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Seite - 264 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Band 37

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Staudigl 264 Itaudigl VII . Zu Staudigl's Charakteristik als Mensch und Künstler und über seine Söhne. Wer eine volle Chlllllktenstik Staudig l 's als Ge< sangskünstler wünscht, dem ist der gründliche, von einem feinfühligen Sachkenner verfaßte Essay in den Czartoryski'schen „Recen« sionen" zu empfeblrn, der in den Quellen zur Biographie verzeichnet ist. Schon in der Lebensskizze finden sich hie und da Andeu- tungen, welch' eine biedere, echt österreichi- sche Natur der Künstler war. Im Uebrigen war er ein Universalgenie. Nicht zufrieden mit den Triumphen, welche er als Sänger feierte, verlegte er sich. wie sein Compo» fitionen-Verzeichniß bezeug!, auch auf die Lieder'Composition, worin er ganz Beach- tenswertes leistete und gewiß noch mehr geleistet haben würde, wenn ihn seine Auf« gäbe als Gesangskünstler nicht so sehr in Anspruck genommen und zuletzt ganz erfüllt hätte. Er spielte Orgel und Clavier. Im Billard» und Schachspiel war er Meister, der es mit Jedem aufnahm. Er zeichnete und malte mit mehr als dilettantischer Ge> schicklichkeit, er radirte und in Freundes« kreisen finden sich seine Blätter. Als die Daguerreotypie in Paris erfunden ward, verlegte er sich mit allem Eifer auf dieselbe und unbekümmert, ob die Ioodämpfe seine Stimme schädigten, fertigte er ganz gelungene Lichtbilder. Schon im reifsten Mannesalter stehend, erlernte er die englische Sprache so vollkommen, daß man ihn. als er in Eng- land gastirte, für einen geborenen Engländer hielt. Aber auch noch nach anderer Seite befriedigte er seinen Wissensdrang. So wid- mete er sich dem eindringlichen Studium der Homöopathie schon zu einer Zeit, alS diese Heilmethode von Seite der Regierung selbst in Acht und Bann gelegt ward. Hahne, mann's „Oiganon der Heilkunde" ward ihm zum Evangelium ; nach dessen Angabe nahm er die Verfertigung der Medicamente selbst vor und curirte nicht nur sich selbst, sondern auch — natürlich unentgeltlich — mit Ver- gnügen jeden Anderen, der sich ihm ver- trauensvoll zuwendete. Einem schon acht« zigjährigen Hausmeister auf dcr Wieoen. der ihm sein Leiden klagte, verabreichte er seine stlbstbcreiteten homöopathischen Kügel« chen. Der Mann nahm sie auch ein, starb aber, nicht an den Kügelchen, wohl aber an den achtzig Jahren. Die Witwe beschuldigte nun Stauo ig l an dem Tode ihres Man- » n?S, zeigte die Cache beim Gerichte an und Staud ig l mußte sich. um weiteren Folgen vorzubeugen, herbeilassen, der Klägerin, die in ihrem Gatten ihren Ernährer verloren zu haben vorgab, eine kleine Iahrespension bis zu ihrem Ableben zu zahlen. — Als Re« aisseur in der Zeit seiner Wirksamkeit unter Pokorny im Theater an der Wien ent- wickelte er eine Thätigkeit odne Gleichen. Die ihm von der damaligen Direction der Hofoper widerfahrene Kränkung wollte er dadurch wettmachen, daß er dem Hoftheater in einem Vorstadttheater' eine gefährliche Concurrenz schuf, was ihn« auch in der That gelang. Seinem ganzen Wesen nach, als Künstler und Mensch, war S> eine Elite- Natur, die, wie überall, so auch am Himmel der Kunst nu: sporadisch auftaucht. Er ver» fügte, nachdem er sich ausgebildet, als Sän- ger über kolossale Mittel, welche er denn auch künstlerisch zu benutzen verstand. Seine Stimme, von einem beim Baß seltenen Wohllaut und erschütternder Tiefe, wußte er mit künstlerischem Geschmacke und maßhal- tender Selbstbeschränkung zu beherrschen. Er konnte mit seinem Baß niederschmettern und wieder rühren. Die unübertroffene Klarheit des musikalischen Ausdrucks, eine musterhafte Beherrschung seiner Stimme in allen Ton« schattirungen, Corrertheit und innige Wärme im Vortrage, verbunden mit einer staunens» werthen Kraft und Ausdauer seines Stimm» organs, vor Allem aber die bis ins kleinste Detail wohlberechnete und von klarem künst» lerischen Verständnisse zeugende musitalische Charakterisirung seiner dramatischen Gestal- ten stellte ihn den ersten Opernsängern aller Zeiten an die Seite. Den Culminations- punct seiner Künstlerschaft aber mochte er wohl im Oratorium erreicht haben. Er war das Prototyp eines von seiner Aufgabe be. geisterten, mit Kunst, und Naturmitteln reich ausgestatteten Oratoriensängers. Seinem Vor« trag wohnte jene erhabene Einfachheit und ruhige, dabei aber doch die Oemüthsassecte zu vollem Ausdrucke bringende Beherrschung des musikalischen Ausdrucks, aber auch jene weihevolle Inspiration inne, welche die höchste Stufe des Oratoriengesanges charak- terisiren. Und ebenso Herrliches leistete er als Liederfänger, als welcher er überdieß eine Ausdauer an den Tag legte, daß eher der Accompagnist in der Begleitung, als S taud ig l im Gesänge ermüdete. So war er denn im Ganzen ein frisches, heiteres Künstlernaturell, fein geartet und doch ge»
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Stadion-Stegmayer, Band 37
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Stadion-Stegmayer
Band
37
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1878
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
362
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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