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N) Joseph Anton 287 N) Joseph Anton
als tüchtiger Meister ward S. in den
angesehensten Häusern gesucht. Endlich
wurde er Hof.Claviermeister. Die Erz»
herzoginen Ma ri a Anto inerte, nach.
herige Königin von Frankreich. Mar ia
C a r o l i n a . nachherige Königin von
Neapel, und Erzherzogin El isabeth
waren seine Schülerinnen. Er bildete
die vorzüglichsten Clavierspielerinen der
damaligen Zeit, unter diesen ein Fräu-
lein Madeleme von Kurzbeck Mand
XII I , Seite 423. in den Quellen) und
Frau Carolina Pi ck le r, damals noch
Fräulein von Greiner ^Band XX.II,
S. 242^. I n seinem vorgerückten Alter
bildete sick auf seinen beiden Augen der
graue Staar; er wurde ziemlich glücklich
operirt, erhielt aber nie wieder einen
scharfen und klaren Blick. Indeß blieb
doch seine Stimmung immer noch heiter
und oft scherzhaft. S te f fan war der
Erste, der in Wien deutsche Lieder com>
ponirte; Hofrath von Greiner, sein
Jugendfreund und Gönner, munterte
ihn hauptsächlich dazu auf und lieferte
ihm aus den besten deutschen Dichtern
seiner Zeit die Texte dazu. So entstan»
den vier Sammlungen von deutschen
Liedern, wovon indeß nur drei von
S. find, die vierte aber von ein paar
anderen Komponisten herrührt, welche
ebenfalls das Haus Greiner 's besuch«
ten. Damals war es noch nicht ge«
bräuchlich, solche Lieder dreistimmig zu
setzen, und dem Clavier einen von der
Stimme verschiedenen, bloß accomponi»
renden Gang anzuweisen. Als diese Ma-
nier allgemeiner ward. erklärte sich S.
dagegen, weil sie der Einfachheit und
Singbarkeit der Lieder schade. „Wenn
ich wieder ein Lied componire", sagte er
lächelnd, „so will ich Waldhörner und
Castagnetten dazu setzen, so macht es
noch mehr Effect." Seine Lieder waren aber auch ihrer Einfachheit und Lieblich»
keit wegen bald in jedermanns Mund
und auf allen Straßen zu hören, be»
sonders die Romanze von Claudius
„Ich war erst sechzehn Jahre alt",
„Das Veilchen im Hornung" von
Gle im. dessen Anfang Haydn spater
zum Thema eines seiner schönsten Ada«
gios gewählt hat, und L o t t e an
Wer ther 'S Schatten: .Ausgelitten
hast du, ausgerungen" u. s. w. Stef«
fan hat auch vier Sonaten und Con-
certe compomrt, die zwar keinen hohen
Flug der Phantasie, aber viel Lieblich-
keit haben und im richtigen Sahe ge-
schrieben sind. Dlabacz sagt von dem
Hofflügelisten Joseph Ste f fan irrig,
daß die in den österreichischen Staaten
eingeführten Kirchenlieder von ihm gesetzt
find, und von Joseph Anton Ste-
pH an. Compositeur in Oesterreich, daß
er ein Oratorium «Der unschuldig ange-
klagte und zum Kreuztode verurtheilte
Weltheiland" comyonirt habe, welches
bei dem heiligen Grabe der barmher«
zigen Brüder in Prag im Jahre 1737
aufgeführt worden fei. Möglich wäre es
allerdings, daß unser Joseph Anton
Stef fan. der im Jahre 1757 schon
30 Jahre alt war. und vielleicht damals
noch in Böhmen gelebt hatte, dieses
Oratorium, so wie auch die in den
österreichischen Staaten eingeführten Kir«
chenlieder componirt habe, zu welch letz«
terer Arbeit er in seiner Stellung als
Hof > Clavierlehrer leicht aufgefordert
worden sein kann. Als die Kaiserin Ma«
ria Theresia die Normalsckulen ein-
führte, befahl sie, daß auch Grenadiere
in selben unterrichtet werden, welche
dann den erhaltenen Unterricht anderen
Mitbrüder" wieder mittheilen sollten.
Es war ungefähr die Methode, die
man nachmals die 3 anca ste r'sche
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon