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Stefauowic), Samuel Cyrill 307 Stefanowicz Samuel Cyrill
dks geistlichen Standes der russischen
oder armenischen Kirche, welche kein
eigenes Seminar besaßen, für den Dienst
der genannten Kirchen heranzubilden.
I n den Schulregistern dieser Anstalt er»
scheint Stefanowicz unter dem Na-
men seines Vaters Ohanowicz. Nach-
dem er seine Studien beendet, blieb er
nun in den nächstfolgenden Jahren, weil
er selbst einer der tüchtigsten Zöglinge
gewesen, als Lehrer in Verwendung. Im
Jahre 1778 erhielt er die Priesterweihe
und 1790 kam er als Domherr in das
Lemberger armenische Capitel; im Jahre
1798 wurde er Erzdiacon. 1801 Probst
und zweimal, zuerst 18l6—1820 nacb
dem Ableben des armenischen Erzbischofs
Johann Symonowicz und dann im
Jahre 1831 nach dem Ableben des Erz-
bischofs Cajetan Warteresiewicz,
Administrator des armenischen Erzbis»
thumS in Lemberg. Indessen blieb er
ununterbrochen im Predigt» und im
Beichtdienste thätig. I n letzterem war
S. wegen seiner hervorragenden Bit«
düng und Gewissenhaftigkeit im geist»
lichen Amte besonders von Personen
der höheren Stände gesucht. S. stand
in allen Kreisen der Lemberger Bevöl»
kerung, wessen Glaubens sie sein moch»
ten, in so hoher Achtung, daß, als nach
dem im Jahre 1831 erfolgten Ableben
des armenischen Erzbischofs ein Nach«
folger zu ernennen war, AlleS, wie
eine Stimme, S. als dessen würdigsten
Nachfolger bezeichnete; und in der That
ernannte der Kaiser den damals schon
80jährigen Greis zum Erzbischof. welche
Würde derselbe wider alles Vermuthen
länger als jeder seiner Vorgänger, nämlich
durch 26Jahre, bekleidete. Seine Diöcese
ist wohl keine große, denn sie umfaßt in
zehn Pfarren zu Lemberg. Brzezan. Sta»
nislawow, Lysiec, Tysmienic, Horo- denko, Kuck, Snyatin, Czernowic und
Suczawa im Ganzen nicht mehr als
3000 Seelen, ist aber räumlich weit zer-
streut und für den Visitationsdienst um
so beschwerlicher; aber der greise Kirchen«
fürst versah denselben mit scrupulöser Ge»
nauigkeit, gleich einem jungen Priester.
Als Kirchenredner besaß S. die Gabe, zu
Aller Herzen zu sprechen; es war, wenn
man ihn reden hörte, als waren die
ersten Jahrhunderte des Christenthums
wiedergekehrt, in welchem die Bischöfe
mit ihren Gemeinden im innigsten Ver>
bände waren und in echt brüderlicher
Weise einen Jeden mit Du anredeten,
wie es auch S. zu thun pflegte, worüber
verletzt sich zu fühlen eS auch dem Vor»
nehmsten seiner Diöcese. der es an reichen
und angesehenen Männern nicht fehlt,
nicht einfiel. Obgleich sein Einkommen im
Hinblick auf die erzbischöftiche Würde
ein nichts weniger denn großes war (eS
betrug im Ganzen an 6000 fl. jährlich),
so verwendete er doch davon noch einen
ansehnlichen Theil zu Almosen, die er
den Bedürftigen seines Stammes reich«
lich spendete, denn er selbst lebte wie
ein Askel: betend und fastend und im
Almosenspenden an Würdige sich selbst
und diese beglückend. I n Rom stand S.
in hohem Ansehen, die Päpste Gre»
gor XVI. und dann Pius IX. hielten
den würdigen Kirchenfürsten hoch in
Ehren und ließen ihm bei jeder Gelegen-
heit ihren Gruß entbieten. Stefano»
wicz, der ein so langes Leben hinter
sich und so merkwürdige Zeiten mitgelebt
hatte, war eine lebendige Chronik semec
Zeit. deren Ereignisse in seinem Vaterlande
er vor seinen eigenen Augen sich hatte
vollziehen sehen. Mit den hervorragend«
sten Männern der katholischen Kirche
stand Stefanowicz zeitlebens im Ver«
kehre. Die Hirtenbriefe an seine
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Band 37
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stadion-Stegmayer
- Band
- 37
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1878
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon