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Steiger, Anton David Steiger, Franz
Die Gesellschaft der Nitter von der Klauen Erde.
Wer und wo sie gebildet worden, ist oben
erzählt. Die Devise der Gesellschaft war-
„AlleS für Gott. Kaiser, Oesterreich und die
Freundschaft". Trotz derselben und ungeachtet
sie dieselbe nie verletzt, wurde sie doch beböro»
lich aufgelöst. Steiger hatte die Veste
Sebenstein. die er von dem Grafen Pergen
in Pacht genommen, wohnlich und ganz im
Charakter der alten Ritterburgen ausgestattet,
sie im mittelalterlichen Geschmacke eingerich«
tet, mit einer Capelle, Prunkgemächern, einer
Kunst, und Wunderkammer, einem Waffen«
saale. Gerichtbtammer, Verließ u. s. w.. u. s. w.
versehen. Unter der Gesellschaft gab es Tur>
niermarschälle, Prunk« und Säckelmeister.
Schoppen, Ritter. Burgpfaffen, Vögte uno
Knappen; sie hatte Statuten, Aufnahms«
regeln, hielt Turniere. Feste. Zechgelage :c..
huldigte aber stets auch der Wohlthätigkeit,
indem sie Beiträge zur Unterstützung Bedürf-
tiger unter sich sammelte, welche sehr ergiebige
Losungen lieferten. Der Zweck war über»
Haupt ein so eoler. daß selbst Erzherzog
Johann die Hochgroßmeisterwürde dieses
BundeS annahm. Derselbe — ein warmer
Freund echter deutscher Gesinnung und Bieder-
keit — hatte Steiger in Sreiermark kennen
gelernt und auf seinem damaligen nahen
Sitze, der Veste Thernberg. diese Bekannt«
schuft erneuert Der Erzherzog fand Gefallen
an dem so ritterlichen und loyalen Wesen
der Gesellschaft und wurde 18l2 unter dem
Ritternamen „Hans von Oesterreich, der
Thecnderger" Mitglied derselben, nahm auch
die Wahl zum Großmeister deS Bundes an
und wohnte beinahe allen Festen und Vec»
sammlungen bei. wo er stets mit lauten,
Jubel und innigen Liebesbezeigungen empfan«
gen wurde- Auch Kaiser Franz I. und die
übrigen Mitglieder der allerhöchsten Kaiser»
familie beehrten die Veste mit ihre« Be>
suchen, wobei der Jubel stets ein stürmischer
war. Der Vund selbst bestand aus vielen
der angesehensten Persönlichkeiten, wie die
Ritterschafts» Matrikeln dleseS Bundes (im
Besitze der Familie des Herrn Erzherzogs
Johann) nachweisen. Wir finden darin
z. B. Erzherzog Anion (genannt Anton
von Oesterreich), Großherzog Kar l August
von Sachsen.Weilnar (Paul von Weimar).
Leopold Prinz von Salerno (Leopold der
Sicilier). Prinz Wi lhelm von Preußen
(Wilhelm der Brandenburger), Prinz Leo-
pold von SachseN'Codurg, später König oer Belgier (Friedrich der Streitbare von Meißen).
Graf Joseph Pergen (Adolph von Eisen,
derg). Graf Ferdinand Gundakar von Nurm-
brano (Gundakar der Hastbacher). Feld«
zeugmeisier Thierry oe Vaur (Hans zu
Wolfstein). Obersthofmeister Graf Nimbsch
(Parcwal von Elß), Domherr Freiherr von
Sommerau »33 ecko. später Cczbischyf von
Olmütz (der Summerauer). Baron Diet.
rich, oer bekannte Theaterfreund (Curt, der
Feiftritzer). Abbe Plumket (Kingal vom
stürmischen Morpheus genannt, weil er im
Schlafe übermäßig schnarchte), der Secretär
des Erzherzogs Johann. Zahlbruckner
(HanS der Zermenthaler) u. s. w., u. s. w.
Die Titel in der Eintlammerung bedeuten
deren Ritternamen. welche oftmals sehr ge»
müthlich oder komisch gewählt wurden.
Varon So mm erau verschmähte es nicht,
den Titel eines »Burgpfassen von Wilden«
stein" anzunehmen und erließ darüber ein
höchst gemüthliches Schreiben in altdeutschem
Style. Wie schon erwähnt, benahm sich die
Gesellschaft sehr loyal, erregte ader nichts«
destoweniger das Mißtrauen der damaligen
Polizeibehörde, so daß im Jahre l8l)6 über
Auftrag des damaligen Polizeipräsidenten von
Haag er der Befehl erging, die Gesellschaft
aufzulösen. Nun nahmen sich delselben bedeu»
tende Männer an, der Befehl zur Auflösung
wurde aufgehoben, der mit der Ausführung
dieses Befehle beauftragte Kreishauptmann
Stieb er bat selbst l8l l . in den Bund aufge»
nommen zu werden, und trat auch in den»
selben ein. Noch viele Jahre dauerte die Ge»
sellschaft. allgemein geachtet, fort. bis endlich
das Mißtrauen, welches die damaligen Zeit»
Verhältnisse erregten, überhandnahm und im
Jahre l»24 der damalige Regierungspräsi«
oent, Baron Reich mann, ein perempto»
risches Schreiben an den Oberrittec Stei»
ger lichtete und in demselben hoflich, aber
entschieden, die Auflösung der Ritterschaft
forderte, „weil ein Verein d«ser Art derzeit
leicht der Gegenstand einer Deutung des
PublicumS wird" (!!'?). Auch wurde, für
den Fall, als sich der Verein nicht „frei»
willig" auflöse, ein allerhöchster Befehl in
Aussicht gestellt. Um dieser Anordnung Folge
zu leisten, geschah die unmittelbare Aufiösung
der Gesellschaft in aller Ruhe; sie trennte
sich und lebte fortan nur mehr in den frohen
Erinnerungen.
Noch sind anzuführen: t. Franz Steiger
(geb. zu Wien 2?. September l75U, gest. zu
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Band 38
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stehlik-Stietka
- Band
- 38
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon