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Steudel 324 Steudel
gien, Holland und in Deutschland über
Coblenz. Köln, Frankfurt genommen,
und noch Preußen und Sacksen durch,
wandert. Nach dreijähriger Abwesenheit,
wahrend welcher er einen großen und
wenigstens cultivirtesten Theil Europas
knnen gelernt, kehrte er heim und
übernahm daS Gasthofgefchäft seines
VaterS vor der Favorilenlinie. Im
Geschäfte thätig, sah er dasselbe im
Jahre der Bewegung l848 so bedroht,
daß es seiner ganzen Energie und de
auf seinen Reisen gewonnenen Ersah«
rungen bedürfte, um daS väterliche Erbe
vor völligem Ruin zu retten. So kam
er glücklich über die ereignißreiche. ihn
so schwer bedrohende Zeit hinüber, lei>
stete im Jahre 1849 den Bürgereid
und führte nun selbständig m gedeih»
licher Weife daS Geschäft fort. Als in
Folge des Diploms vom 20. October
1860 und des kaiserlichen Patentes vom
26. Februar 436! die politischen Ver-
hältnijse im Kaiserstaate in verfafsungs»
maßige sich gestalteten und die nunmehr
autonome Gemeinde aus freier Wahl
ihre Vertreter berief, wurde auch Steu.
d e l in den Gemeinderalh der Reichs«
Hauptstadt gewählt, in welchem die von
ihm eingenommene und consequent be«
hauptete Stellung ihm bald das Ver«
trauen seiner Wähler in solcher Weise
erwarb, daß er 136? auch als Abge»
ordneter in den niederösterreichischen
Landtag gewählt wurde. Im Gemeinde»
rathe wie im Landtage vertrat S. die
entschieden liberale Richtung nach allen
Seiten hin. So hatte er schon im Jahre
l867 für eine freisinnige Revision des
Februar »Patentes und der Wahlord"
nungen im Landtage gewirkt und war
auch bereits im Jahre lH68 für die
Umgestaltung deS Abgeordnetenhauses
i>i ein direct gewähltes Parlament, doch damals vergeblich eingestanden. Steu»
del war oder ist noch Obmann der
Approvisionirungs « Section und Ob«
mann der Fraction äußerste Linke seit
dem Tode Menter's. Er ist im Ge.
meinderathe ungemein thätig. Die Feuer-
lösch'Ordnung in Niederösterreich ist ins«
besondere sein Werk. Seit einigen Iah-
ren hat er den Betrieb seines einträg.
lichen Wirthsgeschäftes ganz aufgegeben,
um sich ausschließlich den Aemtern, die
ihm das Vertrauen seiner Mitbürger ver»
lieh, zu widmen. Diese seine Haltung
in beiden Vertretungskörpern veranlaßte
die Landtagswähler des fünften Bezir-
kes , auS welchem eben S t e u d e l's
Wahl in den niederösterreichischen Land»
tag hervorgegangen, demselben im Juni
1370 für sein Verhalten eine Vertrauens-
adrefse zu überreichen, welche von nahezu
300 Wählern des genannten Bezirkes
unterschrieben war. Bald darauf hat
Steudel den ersten Wiener Turnverein
und dann einen Verein zur „Wahrung
der Volksrechte" gegründet. Noch sei be>
merkt, daß Steudel mit einer Enkelin
des Graf Hoyos'schen Schwemmmei-
sters. des berühmten Georg Hu ebmer
IX) S. 387 j^ aus dem Naßwalde,
welcher sich. durch den nach ihm be«
nannten Durchschlag am Gschaid, durch
die Errichtung einer evangelischen Ge>
meinde, Erbauung einer evangelischen
Kirche und Schule im Naßwalde unver-
geßlich gemacht, verheiratet ist.
Die Pol i t ik (Wiener Parteiblatt) 1870.
Nr. 161: „Eine Vertcauensaoresse an Steu-
del". — Die Wiener Spott- uno Witzblätter
brachten öfter Chargen und Spottbildcr auf
den Gemeinderath und Landtagsabgeordneten
V.. so der „Kikeriki" 1873, Nr. 90: „Steu.
del und Schrank und ihre Studienreisen in
Approoifionirungs < Angelegenheiten" ; Kl iä
aber brachte im „Floh" vom Juni 187(1,
Nr. 23, Steudel's Charge.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Band 38
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stehlik-Stietka
- Band
- 38
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 398
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon