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Stiffi, Andreas (Schriftsteller) 4 Stifft^ Andreas < Schriftsteller)
welchem er im Gegensatze zu seinem Va«
ter, einem streng conftrvativen Manne,
und trotz seines eigenen weichen, man
möchte fast sagen unselbständigen We«
senS, als Radicaler vom reinsten Wasser
auftrat. S t i f f t arbeitete zunächst in
der „Allgemeinen Oesterreichiscben Zei»
tung", welcbe bald nach den Narztagen
c,n Stelle deS von P i la t ^Band XXI I ,
Seite 28 l^ redlgirten „Oefterreichischen
Beobachters" getrelen und deren Re-
daction von Ernft von Schwarzer
^Band XXXU, S. 328^ übernommen
worden war. Die schwankende Haltung
desselben war aber nicht geeignet,
Männer von St i f f t 's radicaler Den.
kungsart auf die Dauer zu fesseln, die.
ser schied bald nachdem jener (am
47. Juli l848) Minister der offene
lichen Arbeiten geworden war, aus und
ging zu dem von Dr. A. I . Becher
sBd. I, S. 207^j begründeten und redi»
girten Revolutionsblatte,Der Radicale"
über. Dort trat er in der Nummer 60
vom 26. August seinem früheren Re-
dactionschef Schwarzer mit dem „Vg.h
viotis" übersckriebenen Artikel entgegen,
woraus eine Stelle die publicistische
Sprache St i f f t 's charakterisiren möge.
^Wenn ein Minister, so schreibt er,
aufgehört hat für daS Volk zu fühlen
und zu arbeiten, wenn er ihm den Tag-
lohn als Brodklumpen vor die Füße
wirft und eS einer Vorbereitung nicht
werth hält, daß derselbe künftig wird
kleiner geknetet weiden; wenn er kein
Wort der Vermittlung findet und nicht
lieber sein eigenes Leben preisgibt , als
das eineS Mitbürgers zu opfern; wenn
ein „Demokrat" Arbeiter schlachten läßt.
dann ist die Ministerbank nicht besser als
die Bank. die den Galeeren-Sträfling
trägt." Es ist dies eine Schrecken erre«
gende Sprache, die. wenn sie auch auS den hochgehenden Wogen der 48er Re«
volutron sich erklärt, doch ganz eigen«
thümlich auf den Lippen eineS Mannes
tönt, der bei seinem Verkehr mit der
Hellseherin immer wieder die Worte sei«
ner A n n a vernimmt: „Sei fromm,
AndreaS!", der in dem Glauben an
Christus eine Gnade erblickt, die nur
Auserwahlten zutheil wird. Großes Auf«
sehen erregte S.. als er am <t. Eep-
tember l848 als Vertheidiger w Straf-
fachen zum ersten — zugleich letzten —
Male auftrat. Sigmund E n g l ä n«
der war der Beleidigung deS Fürsten
Windischgrätz und zugleich der Vec«
unglimpsung deS österreichischen Ofsicier«
corps angeklagt. Vor dem Schwur»
gerichte stand ihm Dr. S t i f f t als
Vertheidiger zur Seite. Dieser löste
in glänzender Weise seine Aufgabe, ob-
wohl er die vollständige Lossprechung
nicht errang. Alles erkannte die glän«
zende Dialektik deS Vertheidigers an,
der sich mit diesem iug.i6.Hn spsook als
Redner ersten RangeS documentirte, aber
nie wieder die Tribüne betrat, als hatte
er nur zeigen wollen, was er könne, daß
er jedoch nicht Lust habe, weiter in dieser
Richtung thätig zu sein. Als dann spater
die Bewegung alleS Maß überschritt
und die unheilvollen Octobertage über
Wien hereinbrachen. wirkte S., der
bereits eine ungeheuere Volksthümlich»
keir in der revolutionären Menge besaß,
als Vice-Prasident des Gemeinderathes,
in den er schon früher gewählt wor-
den war, und trat, ohne einen Augen»
blick zu zögern, für die extremsten Be«
schlüffe mit seiner Unterschrift ein. Daß
aus solchen Verhältnissen ein Zerwürf«
niß zwischen Vater und Sohn — das
erst nach Jahren beigelegt wurde —
entspringen mußte, begreift sich leicht;
wie eS denn auch keiner besonderen Er-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon