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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Band 39
Seite - 33 -
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Seite - 33 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Band 39

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Stifter 33 Stifter Leben. Man vergleiche die Waldpoesie Romantiker mit ihrem jüngsten Nachzügler, mit der Waldpoesie St i f ter 's, man wir erstaunen über die Wahrheit und Klarhei der Schilderungen dieses Autors, währen! dort eine phantastische Wundertbuerei in da, Naturleben magische Kreise zieht, welch einen ganz anderen Mittelpunkt und andere Radien haben. Freilich geht diese Klarheit des Einzelbildes, die bei S t i f te r so wohlthuend hervortritt, oft für das größere Gesammtdild verloren, inoem die Panoramenmcilerei Stif» ter's sich leickt selbst überbietet und di Phantasie, welche zu sehr von jedem kleinen Bilde in Anspruch genommen wird, sich daS Ganze mehr mosaikartig zusammenseht, als mit einem groben Blicke überschaut. Durch seinen Styl nimmt St i f ter unter den öster. reichischen Prosaikern einen hervorragenden Rang ein; die Bildlichkeit ist bei ihm gleich' sam mit organischer Grwalt herausgetrieben man fühlt die intensive Kraft der Bezeich, nung heraus, es ist eine Plastik des Styls. die nirgends in Manier übergeht" — Hiero» nymus Lorm schreibt über Adalbert St i f te r sHieronymus Lorm hat leine Literaturgeschichte geschrieben, aber in seinen Werken und Feuilletons begegnen wir oft Urtheilen über Schriftsteller. Diese sind durch und durch eigenartig und das Ergebniß tiefer Denkart und geistvoller Auffassung, daß uns ein solches oft wichtiger und treffender er> scheint, als das Urtheil von zünftigen Litern« turhistoritern) anläßlich der ersten zwei Bände „Studien": „Ein Zufall hat dich gezwungen, den mit Goldstaub überstreuten Moder einer großen Stadt zu verlassen, und du dünkst dich fast kein Mensch mehr, weil du den gewöhn» ten Veitstanz der Zeitbewegung, der sich in den Conoulsionen des Hungers, wie in den Verzweiflungsaeberden der Uebersättigung äußert, nicht mehr vor den Augen haben kannst. In einem Dorfe übernachtest du und sehnst dich weg mit dem ersten Morgenstrahle. Dein Weg führt in die Berge, bald hast du den rechten Pfad verloren, aber du denkst nicht daran, ihn wieder zu gewinnen. Ein Segen überströmt dich. wie einen plötzlich Sehendgeworoenen. Du sehest dich auf ein Felsstück und es wird dir zu Muthe, als wärest du in diesem Augenblicke erst, aber schon mit wachem Bewußtsein und hellem Verstande, auf die Welt gekommen. Die Sonne scheint dir biS ins Hrrz und auf das Rauschen der Bäume antwortet, unabhängig v. Wurzbach, biogr. Lexikon, XXXIX. fG von dir, deine Seele mit einer Stimme, die du bisher nicht in ihr vermuthet hättest. Du erschrickst vor dir selbst, der mit der Natur innig verschwisterte Gott in dir erwacht, wiro unruhig und schlägt die Augen auf. dein gewohntes Selbst aber fühlt sich hier alS ein anders redender Fremdling; an deinem Haupte, das weltumwalzende Gedanken brü» tet. fliegt der nestbauende Vogel vorüber, er vollbringt sein Tagewerk ohne deinen weisen Rath; unbekümmert um den philo» sophischen Sinn, den du in ibr Entfalten legst, zerspringen die Knospen. Einsam stehst du auf der Bühne des Lenzes und es macht dich traurig, daß du so unbeschäftigt bleibst unter diesen Bäumen, Gräjern, Quellen, die alle eifrig mitwirken an dem großen Schau» spiele; du möchtest die Erde küssen, deine eigentliche Mutter, und dich losreißen von der Stiefmutter Civilisation, für die du stets gearbeitet hast, blind, gequält und ohne Ziel, denn wie beneidenswerth erscheint dir allen deinen Irrthümern gegenüber die hohe, sichere Vollendung der Natur, die nicht er» laubt, daß der Ouell. gleich dir. einem ver< irrten Laufe folge, daß der Baum einer anderen Entwicklung, als der ihm eigentlich zukommenden entgegenstrebe! Dir wird eS klar, daß die Empfindung, die dich jetzt überkommt, wenn du sie aus dir heraus- arbeiten könntest, bis zur Einsicht, bis zum Gedanken, dir das urewigr Räthsel der Schöpfung, die Gottesidee, lösen würde. Aber du weißt,, daß dieS ein nutzloses Streben wäre, du möchtest die Empfindung zum mindesten nur aussprechen können uno rufst im Gefühle deiner Ohnmacht: „Für diese Empfindung gibt es kein Wort!" Und dennoch gibt es eines, der Dichter hat es gefunden, und willst du es lesen, so wirf Journale und Broschüren, Philoso» phie und Jurisprudenz weit von dir und laß dir die „Studien" von Adalbert Stif» ter kommen. Die stille Gemeinde der Wie- ner Schriftsteller versammelt sich gern in Masse; der Mangel an einer in der Zeit und ihren Bedürfnissen ruhenden Stellung wird dem Einzelnen weniger fühlbar, wenn er diesen Mangel alS den Charakter eines gan» zen Corps betrachten darf. Was kann es Traurigeres geben für einen Dichter, als wenn er, die Wirklichkeit vergessend und von gött» lichem Wahnsinn trunken, bei jeder unwill- kürlichen Bewegung die schmerzhafte Zwangs, jacke spürt! Der einzige Trost bleibt ihm, . 12. März l879.) 3
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Stifft-Streel, Band 39
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Stifft-Streel
Band
39
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1879
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
400
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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