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Stoecklem 99 Stoecklem
aussprechlichen Worte auf seine elektrisirten
Zuhörer machten. I n den sogenannten „In»
termezzos" führt Stöckel eine ganze „Rolle",
meist dummdreiste Bediente und ähnliche
Charaktere, durch und ist unerschöpflich an
drolligsten Einfällen und oft sogar recht
witzigen Impromptus. Mit seinem Publicum
steht S töüe l ganz auf vertrautem Fuße;
er selbst nennt sich — in eigenthümlicher
Resignation — den „hatscheten Stöckel",
und hat er eine Piece anzukündigen, so ge«
schieht es. indem er sagt: „Sogleich folgt
eine komische Scene — daß also ka Mensch
daweil furtgeht!". Es ist das ein eigenes
Leben, dieses Wiener Volkssängerthum, das
aber auch in Friedrich Schlossl seinen Ho<
aarth gefunden hat. ^Neuek Wiener Tag«
blat t . 5868. Nr. 282. im Feuilleton: „Wie-
ner Volkssänger und Volkssängerinen. Kleine
Cullurdilder". Von Friedrich Schlögl)
Stoecklem, Joseph (Priester der
Gesellschaft Jesu, geb. zu Oettingen
in Schwaben 30. Juli 1676 , gest. zu
Gratz 28. December 1733). Trat im
Alter von 24 Jahren. 1700, in der
österreichischen Ordensprovinz als Jesuit
ein. beendete im Orden die Studien,
erlangte das Baccalaureat der Philo»
sophie, die Doctorwürde der Theologie
und wurde nach abgelegtem Ordens-
gelübde durch sieben Jahre in Ungarn
im Predigtamte verwendet. Darauf wirkte
er zunächst als Rector im Collegium zu
Neustadt, dann aber durch zehn Jahre
als Feldcaplan bei den kaiserlichen Trup«
pen, mit denen er elf Schlachten und
zahlreiche Belagerungen im Reich und
in Ungarn-mitmachte und that sich in
Ausübung seines geistlichen Amtes auf
dem Schlachtfelde, in Pßege der Kranken
so hervor, daß er bei den kaiserlichen
Generalen und selbst bei den fürstlichen
Heerführern des evangelischen Glaubens
zu hohem Ansehen gelangte. Guido Graf
S t a r h e m b e r g besuchte ihn wie«
derholt im Collegium zu Gratz, Prinz
E u g e n von Sa v o y e n stand mit ihm in freundschaftlichem Briefwechsel,
König G e o r g , damals noch Kurfürst
von Hannover, König Augus t von
Polen, der Herzog von Württemberg,
der Herzog von Baden, alle bewarben
sich um seinen Besitz und wünschten ihn
in der Eigenschaft eines Hofpredigers
an ihren Hof zu ziehen. Ebenso erging
auS dem Reich mancher Ruf an ihn. und
wo er sein Predigtamt versah, gewann
er dem katholischen Glauben neue See«
len, wie dies in Hagenbach. Rastadt,
Baden, Speyer und Philippsburg der
Fall war. In Siebenbürgen allein rief
er 23 Convente ins Leben und führte
durch sein überzeugendes Wort Viele in
den Schoos der Mutterkirche zurück.
Als in Ofen die Pest auöbrach, eilte er
dahin, um physischen und geistlichen
Beistand zu leisten, und nachdem er,
selbst von der Seuche befallen wieder
genesen war. setzte er sich von Neuem
der Gefahr auS. indem er wie früher
unerschrocken sein Hilfs- und Tröster«
amt verrichtete. Dafür aber war er
auch. wie uns sein Biograph im
l9. Jahrhundert berichtet, zu beson«
deren Gnaden ausersehen: so hatte er
— ein anticipirter Gaßner — einen
vom Teufel Besessenen mit wenigen Wor-
len geheilt und in Neustadt zur Zeit,
da er dort als Rector hauste und von
einem Gläubiger hart bedrangt wacd,
nach brünstigem Gebete wie durch ein
Wunder die erforderliche Summe ge«
funden! Zuletzt wirkte er in Gratz
sechs Jahre als Vorstand der kate«
chelischen Bibliothek und drei Jahre
als Prafect über die Herausgabe der
Bücker. Auch war er schriftstellerisch
thätig und schrieb außer mehreren kate«
chetischen Büchern ein Dankopfer für
das befreite Ofen (Wien 1712. Fol.);
— eine .Vergleichung der sinesischen
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon