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) Joseph 171 ) Joseph
Ernennung zum Hauswundarzte an der
k. k. Irrenanstalt zu Hall. Er begab sich
an den Ort seiner neuen Wirksamkeit
Ende April 184!. Sofort entwickelte
er als praktischer Arzt, namentlich als
Operateur, eine ausgebreitete Thätig»
keit, wovon mehrere Artikel in der
„Oesterreichischen medicimschen Wochen-
schrift" Zeugniß ablegen. Insbesondere
möge erwähnt sein, daß er zuerst in
Tirol die Narkose durch Schwefeläther
bei seinen chirurgischen Operationen an«
wandte. Im October 4842 bewarb er
sich um die erledigte Zehrkanzel der
Anatomie an der meoicinisch.chirurgischen
Lehranstalt zu Innsbruck, ohne jedoch
dieselbe zu erhalten. Um diese Zeit
scheint er den Entschluß gefaßt zu haben,
seine Thätigkeit in erster Linie der Psy»
chiatrie zu widmen, der er seinen blei«
benden Ruf verdankt. Er unternahm im
1.1844 auf eigene Kosten eine Reise nach
Deutschland, Belgien und Frankreich,
um die Irrenanstalten dieser Länder ein«
gehend zu studiren. Der Bericht über die
französischen Irrenanstalten (die Irren»
abtheilung in der Salpetriöre, die Pri«
vat« Irrenanstalt bei Ivry und Venres
und die NouvkUS 8ü.ret6 in Bittre)
sollte in den „Medicinischen Jahrbüchern
des k. k. österreichischen Staates" erschei«
nen, jedoch gelangte nur ein Theil des
Manuscriptes in den letzten Banden die»
ser Zeitschrift zum Abdrucke, der Rest
ging während der Wirren des Jahres
1849 verloren. Von 1844 an trat Doo
tor S to lz mit Erfolg als psychiatrischer
Schriftsteller auf. Seine wissenschaftliche
Thätigkeit, welche wir zum Schlüsse ver«
zeichnen, fand Anerkennung bei der k. k.
Gesellschaft der Aerzte und bei dem
Vereine für Psychiatrie zu Wien, welche
ihn, die erstere am 26. März 1835, der
letztere am 30. Mai 1869. zum corre» spondirenden Mitglieds ernannten. Bei»
nahe neun Jahre verflossen nach seiner
Rückkehr von der oben erwähnten Reise,
und noch immer wollte es ihm nicht
gelingen, eine seinen Kenntnissen und
daran gewendeten eigenen Opfern ent»
sprechende Lebensstellung zu erlangen.
Seine Bewerbung um die im I . 1860
erricbtete Kreis. Sanitatsrathsftelle in
Innsbruck war auch erfolglos geolie«
ben. Als aber 1834 der Director der
Landes - Irrenanstalt zu Hall Doctor
Tscha l l e n e r aus dem Amte trat,
wurde Doctor S t o l z mit 1. Juni
1834 an dessen Stelle berufen. Die
Reformen, welche er in demselben ein»
führte, hat er selbst geschildert in der
Abhandlung: „Mechanischer Zwang bei
der Behandlung der Geisteskranken und
die allmalige Beseitigung desselben in
der Irrenanstalt zu Hall in Tirol",
welche im XXVI. Bde. der „Zeitschrift
für Psychiatrie" abgedruckt ist. Dar»
aus lassen wir hier jene Stelle folgen,
die zugleich eine kurze Darstellung
des Entwicklungsganges seiner psychia»
irischen Thätigkeit gibt: «Ich betrat,
schreibt Dr. Stolz, die Anstalt in Hall
als Hauswundarzt im Jahre 184l. Wer
damals die oft peinlicke Procedur des
„Kopfbrechens" mit ansah, mußte von
Mitleid gegen die armen Kranken er»
griffen werden. Kein Wunder also, wenn
wir Aerzte und Anstaltspriester die Aus-
breitung des „non lostraint" in Eng-
land mit Freuden begrüßten, und von
dieser Zeit her schreibt sich meine Voc»
liebe zu dieser Behandlungsweise. Der
damalige Gubermalrath und Landes«
prolomedicus Dr. Ioh. von Ehrhar t
sBd. XI, S. 399). bekannt als Heraus«
geber der „Salzburger medicinisch'chiru»
gischen Zeitschrift", sprach sich ebenfalls
für die milde Behandlung der Geistes«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon