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Strampfer 233 Strampfer
Sturm eroberte und nun die erste Zug
kraft deS Theaters an der Wien wurde.
Dem „Goldonkel" folgte „Die elegante
Tini", dann „Eine leichte Person", welche
beide dem Fräulein Gal lmeyer auf
den Leib geschriebene Stücke den Direc.
tor S t ra mpfer. der bisher mit frem
dem Gelde gearbeitet, sofort von allen
seinen Verpflichtungen frei machten und
mit eigenen Mitteln schaffen ließen. Das
Glück war auf feiner Leite und so an
dieselbe gebannt, daß er es wagen
durfte, mit dem größten theatralischen
Blödsinn, dem berüchtigten „Schafhaxl",
wo^u freilich die berühmte Pariser Can»
canistin Rigolboche nach Wien ver«
schrieben worden war, die verwöhnten
Augen der Wiener zu amüsiren, welche
über die glänzende Ausstattung und die
Attitüden der Pariserin den erbärmlichen
Inhalt vergaßen. Bisher hatte dieGal l-
meyer fast unbeschränkt geherrscht, es
aber auch die Direction fühlen laffen.
Auf die Dauer konnte die Verbindung
zwischen zwei Charakteren, wie Director
und Localsängerin es waren, doch nicht
bestehe-', und bei dem Gallmeyer»
Cultus, der damals in Wien an der
Tagesordnung, zweifelte kein Mensch
an dem Ruine des Directors. wenn er
diese seine Zugkraft, statt daß sie ferner
für ihn ziehe, einfach weiter ziehen ließe.
Aber endlich, obwohl S t ra mpfer sie
nicht wollte ziehen lassen, zog sie selbst
fort. und zwar zum Carl-Theater. Der
Ruin S t r ampfer's trat aber nicht nur
nicht ein, sondern sein Glücksstern stieg
noch höher, als Nack dem Abgänge der
Ga l l meyer Fräulein Geistinger.
in Wesen und Erscheinung der vollendete
Gegensatz der Ersteren, als „Schöne He«
leria" ihren Einzug hielt. Der Erfolg
war ein beispielloser. Die ausverkauften
Häuser folgten sich; dieS änderte sich nicht, als auf die „Schöne Helena" .Der Blau»
bart" auf dem Repertoire erschien, und
beide Stücke wurden von der „Großher,
zogin von Gerolstein" überflügelt, welcke,
wie alte Theaterbesucher ausrechneten,
dem Theater an der Wien mindestens
zweihunderttausend Gulden einbrachten.
AIS dann zwei einfache Possen, ,Nr. 28"
und ,Die Probirmamfell". über die Bret-
ter gingen, wurde es aucb nicht anders,
auch diese brachten überraschend hohe
Einnahmen. Was St rampfer unter-
nehmen mochte, AlleS schlug ein. eS folg-
ten die Offenbachiaden, das Gastspiel
Dawison'S', die mit ungeheuren Geld»
opfern erkauften Vorstellungen der plum«
pen Miß Menken und endlick mit In»
scenesetzung des veralteten „Paperl" von
E lmar die Vorführung überseeischer
Bestien. Zu diesen Glücksfallen gesellte
sich noch der Umstand, daß Director
Treumann. um von den Carl'schen
Erben einen ermäßigten Pacht zu erzielen,
denselben erklärte, den Pachtvertrag noch
vor dessen Ablauf auflösen zu wollen.
Wider Treumann's Erwarten gingen
aber die Carl'schen Erben darauf ein
und schlössen rasch einen Veltrag mit
S t rampfer ob, der nun mit einem
Male Director zweier Theater gewotden
wäre. wenn nichl auffallender Weife die
Regierung sich dazwischen gelegt hätte,
welche dem Director S l ra mpfer die
Concession zur Leitung der eben gepach«
teten Bühne verweigerte. waS freilich
nicht geringes Befremden hervorrief, da
man der Ansicht war. der Director, wel-
cher die Befähigung zur 3eitUng der einen
Bühne besitz?, werde davon ein gut Theil
auch zur Leitung der zweiten noch übrig
haben. Director 2 t ra mpfer besaß den
Pachtvertrag und konnte dennoch die
Direction nicht antreten. Obgleich es
für ihn schon von Vortheil gewesen wäre.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon