Seite - 241 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stifft-Streel, Band 39
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StraniHky 241 Stranihky
nicht noch starker heut zu Tage auf den
Wiener BĂĽhnen oder in den Kneipen
der Volkssänger zu hören wäre. Denn
z. B. die Erklärung des Wortes Liebe,
welche St ran itzky dem Hanswurst in
den Mund legt, ist freilich arg, sehr arg,
aber wir haben mindestens AehnlicheS.
wenn nicht Schlimmeres in Darstellun«
gen der VolksbĂĽhne der Gegenwart
vernommen. Wenn dann der Autor
dem Hanswurst vorschreibt, sich zu be«
trinken und alle jene Handlungen auS«
zufĂĽhren. welche Leute, deren Magen
ĂĽberladen ist. vorzunehmen pflegen, so
ist das nicht ästhetisch, und auch nickt
mit dem naturÄlia non, srmt turpia.
zu entschuldigen, aber noch immer
nicht so verwerflich, als das, was heut
zu Tage unsere dramatischen Clowns
vorbringen; und mag man, was
S t r a n i h k y vorschreibt. anekelnd
nennen, so ist das, was die heutige
Volksmuse leistet, ullfiäthig, cynisch,
gemein. Dabei bringen wir die heute
zur Mode gewordenen EhebruchsstĂĽcke
mit der daran geknüpften Moral —
wahres Arsenik für den Volksgeist —
gar nicht in Betracht. Um aber von der
Art und Weise der S tranitzky'schen
Extempores unseren Lesern wenigstens
annäherungsweise einen Begriff zu ge-
ben . so lassen wir hier mit AusschluĂź
seiner oblcönen Pikanterien, worin er
freilich Meister und deshalb auch der
Abgott des Theater« Mob war, eine
kleine Probe folgen: „Wie befindest du
dich?" fragt ihn (den Hanswurst) einer
der Mitspieler; — „Nicht allzu wohl"
erwidert Stranitzky, „ich habe mich.
seitdem ich dich nicht gesehen, verhei«
ratet". — „Nun, das ist ja gut". —
„Nicht wie du denkst, denn ich habe
eine schlimme Frau bekommen". —
„Desto besser." — „Nicht so böse, als du meinst, denn ihr Heiratsgut bestand
in 20.000 Gulden". — „Ei nun, das
tröstet." — „So sehr eben nicht, denn
ich habe für diese Summe Schafe ge«
kauft, welche alle an Schwindel um«
kamen". — „Das ist in der That ein
schlimmer Zufall". — „Nicht gar so
schlimm, denn ich habe aus ihren Fellen
mehr gelöst, als die Schafe mich koste«
ten". — „Auf diese Weise ist der Scha«
den ersetzt worden". — „Nicht so, wie
du glaubst, denn mein HauS, in wel>
chem ich das Geld hatte, ist von den
Flammen aufgezehrt worden".— „O das
ist ein großes Unglück!" — „ Im Gegen-
theile, denn meine Frau ist zugleich mit
dem Hause verbrannt". Wir sehen, die
Sache läßt sich komisch genug an, und
das Publicum war nicht undankbar und
lachte aus vollem Halse. — Ein anderes
Mal klagt Jemand dem Hanswurst seine
Noth. daĂź. er so fett sei und kein Mittel
dagegen finde. Er fragt ihn nun. ob
er keines wifse. „O", meint der Hans»
wurst, „dazu kann ich Euch guten Rath
geben, wenn Ihr nur weder FleiĂź noch
Unkosten sparen wollt". — ,O ich
wollte es an nichts ermangeln lassen".
— „Nun so nehmt zum Ersten ein
Pfund Sorge alle Morgen in Eueren
Leib fein nĂĽchtern zum AnbiĂź; danach
zwei Pfund Schwermüthigkeit mit Thra«
nen durchmischt zum Mittagmahl; —
itsm. eine gute SchĂĽssel voll betrĂĽbter
Gedanken, anstatt des Salates mit
Wermuth zugerichtet, zum VeSper- oder
Halbabendbrot und dann auch soviel
hunderttausend Herzensangst zum Nacht»
effen und bringet die Nacht hin mit Pro«
cessen und Nechten, was Euch'S kostet
und wie viel Ihr vergebens aufwenden
mĂĽĂźt, so wird Euer fetter Leib bald
schlank, mager und geschmeidig weiden".
Man sieht, Hanswurst versteht es, sei«
v. WĂĽrz dach, bioyr. Lexikon. XXXIX. ^Gedr. <3. Juli
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon