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Stranitzky 242 Stranitzky
nem Publicum auch gesunde hausbacken
Moral in drastischer Form aufzutischen
Aber nicht blos auf der Bühne, auch
in seinem Verkehr außerhalb derselben
war er voll Schnurren und Laune. Als
in einer Gesellschaft von einem vor kur
zer Zeit verstorbenen Kaufmann gespro
cben wurde, bemerkte ein anwesender
Arzt, daß er mit Jenem große Aehnlich.
keit gehabt habe. Auf diese Rede rie
Stranitzky, der gleichfalls anwesend
war, dem Doctor zu: «Sie irren sich
Herr Doctor. der Mann hat in seinem
Leben keinen Menschen umgebracht". —
Als man ein anderes Mal einer Frau
gedachte, die eben einen rechten Lüdrian
von Sohn durch den Tod verloren hatte,
bemerkte Stranitzky: „Diese Frau
muß nun die reinlichste Person von
Wien sein, da sie eines so großen Un
fiaths los geworden ist." Daß er bei dem
Wiener Publicum sich großer Beliebtheit
erfreute, erhellt daraus, daß er sich
durch sein Komödienspiel ein nicht unan
sehnliches Vermögen erwarb ^vergleiche
in den Quellen: S. 244, IV. DaS Haus
Stranitzsy's in Wien). Bei der
drigkeit der damaligen Eintrittspreise
will dies Etwas bedeuten. Denn zu
Stranitzky's Zeit war der Hütten
Eintrittspreis ursprünglich von der
Obrigkeit festgesetzt und stieg von einem
Groschen zu „ebner Erde" und zwei
Groschen auf den für „daS adeliche
Frauenzimmer und Kavalier zuegerichten
echechten Penkhen und Bünen" (Gale-
rien) in der Theaterhütte und im Ball-
baus auf resp. zwei und vier Groschen.
Ueber die Preiseder Platze im Kämth-
nerthortheater zur Zeit der städtischen
Administration fehlen die näheren Nach»
Weisungen. 3ady Montague bezahlte,
wie sie dies in ihrer Reisebeschnibung
berichtet, einen Ducaten für die Loge. Doch können die Preise unmöglich hoch
gewesen sein. denn ein halbes Iahrhun»
dert später. 1772. betrugen dieselben,
wie wir dies aus Dr. Burney'S musi«
kalischer Reise erfahren, im Parquet
44 kr., im Parterre 22 kr. und auf der
Galerie 16 kr. N i c o l a i spricht so«
gar von einer Zehn «Kreuzer «Galerie im
Jarnthnerthortheater. AlsStrani tzky
wenige Monate vor seinem Lebensende
von der Bühne Abschied nahm. stellte
er dem Publicum den Hanswurst Pre«
h a u s e r als seinen Nachfolger vor.
Seine Gattin, allgemein „Die Hanns«
wurschtin" genannt, überlebte ihn, da
sie erst im I . 1738 starb, um 32 Jahre.
Durch den Kauf des Hauses auf dem
Salzgries war S. Bürger von Wien
geworden, überdies soll er Zahnarzt
gewesen sein und im Komödienhause
selbst seinen Zahnladen aufgeschlagen
haben. Mit Ausnahme etlicher Jahre,
1717, 1718 und 4719. in welchen er
mit Johann H e l v e r d i n g gemein»
schaftlich dirigirte, führte Stranitzky
die Direction selbständig.
I. Wie Itranitzky darauf versieg den Namen
Hanswurst anzunehmen. Die Angabe, daß er
diesen Namen erfunden, ist ganz irrig.
Derselbe ist alt, sehr alt und reicht minde«
stens in das 16. Jahrhundert zurück. Schon
Luther kennt ihn, auch in Hans Sachs'
Komödien tritt er auf. St ran ihky hat ihn
nur der Erste als RoUennamen angenom»
men und ihm sozusagen den theatralischen
Typus aufgedrückt. Noch in der V eltheim'«
schen Truppe spielte er den „Koultisan",
welche der italienischen Bühne entlehnte
Figur zu den extemporirtrn Stücken, in wel<
chen er auftrat, doch nicht recht passen wollte.
Diese Figur hieß Kourtisan, war aber in Wahr-
heit ein deutscher, mehr oder weniger plumper
Bauer, der einen hausbackenen Witz mit einer
oft handgreiflichen Zote verband. Kurz der
Name Kourtisan paßte zu der vornehmlicii
durch St ran i tz ty metamorphosirten Rolle
wie die Faust aufs Auge. Dies leuchtete
diesem Mimen ein, und er dachte an eine
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stifft-Streel, Band 39
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Stifft-Streel
- Band
- 39
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1879
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 400
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon