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Streicher, Johann Andreas 14 Streicher, Johann Andreas
an dem. daß er Schiller mit dem
Gelde, das er selbst besaß, aushalf, gab
er ihm zur Sicherheit das Geleite nach
Mannheim und dann nach Frankfurt am
Main. wo er ihn nicht eher verließ, als
bis er ihn geborgen wußte. Nun erst
dachte er an seine Reise nach Hamburg,
aber das dafür bestimmte Geld war für
Schiller's Flucht aufgegangen, und so
kehrte er vorderhand nach Mannheim
zurück, wo er Musikunterricht ertheilte
und bei der kurfürstlichen Capelle Ge»
legenheit fand. in seiner Kunst sich weiter
auszubilden. Nach längerem Aufenthalte
in letzterer Stadt begab er sich nach
München, wo er bald ein gesuchter Cla«
Vierlehrer wurde und sich mit Composi»
tionen zu beschäftigen begann, welche, in
Balleren. Clavier» Sonaten, Cantaten,
Variationen, verschiedenen Uebungen
u. s. w. bestehend, theilweise im Stiche
erschienen und ihm einen Antheil an
einer Musikalienhandlung verschafften.
Seine Verhältnisse führten ihn öfter nach
Augsburg, wo er Nannette Stein
s^iehe S. 49^, die Tochter des berühm«
ten Orgel, und Klavierbauers , kennen
lernte. Sie wurde seine Frau, und als
sic im Jahre 4794 nach Wien über-
siedelte, wo sie das Geschäft ihres Vaters
eröffnete, fetzte Streicher auch dort
den Klavierunterricht mit solchem Erfolge
fort, daß er bald als der erste Meister in
seinem Fache galt. Da aber mit der all»
mäligen Erweiterung der Pianoforte«
Fabrik deren alleinige Führung seiner
Frau zu beschwerlich fiel, gab er den
Unterricht auf und widmete sich ganz
dem Geschäfte. Obgleich schon 40 Jahre
alt und in diesem Gewerbezweige uner«
fahren, drang er doch bald in das Wesent«
liche der mechanischen Kunst ein, wobei
ihm seine gründlichen musikalischen Kennt«
niffe besonders zu Statten kamen. So gingen aus seiner Anstalt immer treff«
lichere Instrumente hervor, und der Ruf
derselben nahm mit jedem Jahre zu.
Dabei förderte er ernstlich das Musik»
leben der Residenz. Im Winter fanden
in seinen geräumigen Sälen bald größere,
bald kleinere Concerte statt, an welchen
sich die vorzüglichsten Dilettanten und
Künstler betheiligten und denen zahlreiche
Zuhörer aus den gebildeten Ständen
und selbst dem hohen Adel beiwohnten.
Zur Zeit des Congreffes befand sich unter
den Besuchern derselben auch der Kenner
und Beschützer der Tonkunst Erzherzog
Rudolph I M . VII, S. 143, Nr. 280).
Diese Concerte, in denen Musik edelsten
Styls gepflegt wurde — nur Meister«
werke, und zwar in einer Vollendung
ausgeführt, wie sie höher nicht denkbar
— fanden nicht selten zu wohlthätigen
Zwecken statt, und in einem solchen, im
Jahre 1812 zum Besten der Abgebrann,
ten Badens bei Wien veranstaltet, kam
Handel's großes Oratorium „Timo»
theus oder die Gewalt der Musik" unter
Mitwirkung von !579 Künstlern und
Dilettanten zum Vortrage. Zu vielen
Tausenden wuchsen die Summen an,
welche auf diesem Wege den Armen zu»
gute kamen. Aufstrebenden Talenten bot
Streicher, ohne davon Aufhebens zu
machen, gern die Hand und förderte und
unterstützte sie in ihrem Fortkommen; es
seien hier nurbeispielsweiseKarlCzerny
sBd. I I I , S. 403^ und Franz Lachn er
Md. X.III, S. 460) genannt. Indem er
so mit den hervorragendsten Persönlich«
keiten der Musikwelt in nähere Verbin«
düng trat und auch die Verhältnisse seines
Kunftzweiges genau kennen lernte, gerieth
er auf den Plan, diese Kräfte zu verein!«
gen und ward er der eigentliche Urheber
eines großen Musikvereins, aus welchem
sich die Gesellschaft der Musikfreunde des
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon