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ascetischen Franziskaners,. sowie jene
ihres Vetters, deS spater als Jesuiten«
freund bekannt gewordenen Joseph
von G i o v a n e l l i befolgte. Unter
solchen Verhältnissen lastete auf dem
, Knaben ein schwerer geistiger Druck.
Dazu kam noch der traurige Umstand,
daß das Bozener Gymnasium von Mön«
chen auS dem Orden des h. Franciscus
geleitet und überhaupt die Bevölkerung
Tirols von Geistlichen nicht nur in Ge«
wifsensfachen, sondern auch in weltlichen
Dingen entscheidend berathen wurde.
So wurde denn dem Knaben und spä«
ter dem Jünglinge die Lectüre der
deutschen und anderer Dichter, welche
in den Augen besagter Lehrer nur
Ketzer und Heiden waren, theils un-
möglich gemacht, theils bitter verleidet.
Besonders zogen den Jüngling die dra»
matischen Werke Shakespeare's an.
wie sich denn auch in seinen eigenen
poetischen Arbeiten die Neigung zum
Drama immer bestimmter hervordrängt.
Während seiner letzten Studienjahre
schrieb er daS fünfactige Schauspiel
„Oswald von Wolkenstein", dessen er-
sten Act er in den „Alpenblumen",
einem in den Jahren 1828—1830 mit
mehreren Freunden herausgegebenen
Taschenbuche veröffentlichte, das über-
dies noch folgende Jugendarbeiten von
ihm: die Novelle „Die Schauspieler",
die poetische Erzählung „Die Schützen»
braut" und einige Gedichte enthält.
Nicht eben rosig gestalteten sich die
Verhältnisse seiner Lehrjahre. über
welche er in einem Feuilleton der
„Deutschen Zeitung" ^t872. Nr. 173)
selbst berichtet. Wir empfinden fast ein
Grauen, wenn wir darin lesen, wie
rücksichtslos daS Gebaren jener nicht
blinden, sondern absichtlichen Eiferer
gegen Alles, was Geist und Wissen be- trifft. Selbst als er bereits den philo«
sophischen, ja den juridischen Studien
oblag, hatte er noch die niederdrücken«
den Fesseln dieses unwürdigen Zwanges
zu fühlen, und erst im vierten Jahre
des UniversitätSbesuches begann sein Da»
sein sich menschenwürdiger zu gestalten.
Er hatte sich — wie er selbst bekennt —
nur gezwungen der Rechtswissenschaft
gewidmet, weil ihm jedes andere Stu«
dium außerhalb Tirols verwehrt war.
Aber aucd dieses wurde ihm nicht leicht
gemacht, namentlich durch die geflissenr«
lich gegen ihn gerichtete Strenge des
Directors der juridischen Studien in
Innsbruck Dr. Joseph R a p v Mand
XXIV, S. 361). der ihn bei den Prü-
fungen mit ungewöhnlicher Schärfe era»
minirte. Als er endlich die Universitäts»
zeit hinter sich hatte, begab er sich nach
Padua. wo er zum Doctor der Rechte
promovirte. Nun widmete er sich der
juristischen Praxis, um die Advocatur
oder ein Richteramt zu erlangen. Aber
auch da begegnete er Hindernissen. Denn
als er im Jahre 1837 von der k. k.
obersten Iustizftelle zun^Advocaten in
Cavalese, einem Markte im Fleimser
Thale, ernannt worden, verzögerte sich
ungewöhnlich lange die Ausfertigung
seines Anstellungsdecretes. Er war näm»
lich als ein Verächter des Clerus und
als Freigeist mit dem Bemerken denun»
cirt, daß eS bedenklich sei, ohne Gefahr-
düng der kirchlichen und daher auch
der bürgerlichen Ordnung die einftuß.
reiche Führung von Privatgeschäften
einem Manne von seiner Gesinnung an«
zuvertrauen. Erst als der Präsident
Baron D i Paul i ^Bd. I I I , S. 313)
hlnter die Niedertracht dieser Denun.
ciation und deren Urheber gekommen,
wurde allen weiteren Einwendungen ew
Ende gemacht und S t r e i t e r's De-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon