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war's, aber das gerade Gegentheil da-
von. geschah. denn kaum hatte der
Propst die bürgermeisterliche Amtsstube
verlassen, als er auch schon seine zu
Protokoll gegebene Erklärung widerrief,
ja am folgenden Sonntag brachte der
Kapuziner den ganzen Vorfall, auf die
Kanzel und nannte ihn einen „Faust»
schlag gegen den Katholicismus". Die«
ser Vorgang machte im Reiche nicht
geringes Aufsehen, und staunte eine Par»
tei den Muth Strei ter 's nicht genug
an, so verwarf eine andere sein Beneh.
men vollends, und selbst in den maß-
gebenden Kreisen mißbilligte man dieses
provocirende Auftreten. S t r e i t e r
erhielt von der k. k. Statthalterei einen
Verweis wegen seines Vorgehens. In«
dessen waltete er nach wie vor. nur mit
einiger Mäßigung, seines AmteS und
hatte die Genugthuung, nach der ersten
dreijährigen Wahlperiode noch zweimal
zum Bürgermeister gewählt zu werden.
Erst bei den Neuwahlen im October
1870 gelang es der Gegenpartei durch
ein eigenthümliches Zusammentreffen von
Umstanden, wobei sein Austritt auS der
Gemeinde den Ausschlag gab, ihren
Candidaten durchzubringen. Neun Jahre
und neun Monate hatte S t r e i t e r
seinen Posten verwaltet und während
der Zeit seiner Amtsführung sich die
städtische Schuld um 122.000 fl. österr.
Währ. vermindert. Am 7. November
« 1866 war er auch von der Bozener
j Handelskammer zum Abgeordneten für
den Tiroler Landtag gewählt worden.
Außer der Durchführung mehrerer An»
träge, worunter jener auf Herstellung
der Eisenbahn von Brixen nach Villach,
sei hierbei eines Vorfalles gedacht, dessen
Haupturheber St re i ter ist. Der schon
genannte Giovane l l i brachte nämlich
im Landtage den Antrag ein, dem Lande seine geschichtliche Röchtsentwick-
lung. somit auch wohl die Niederem-
führung seiner a l t e n S t a n d e zu
sichern. Dagegen erklärten sich mehrere
Liberale, allen voran S t re iter. Da
aber der Uebergang zur Tagesordnung
von der überwiegenden Mehrzahl der
Rechten abgelehnt wurde, verließ er und
mit ihm noch sechszehn von seiner Par»
tei den Sitzungssaal und machte dadurch
die Versammlung beschlußunfähig. Am
nächsten Morgen fand in Folge tele-
graphischen Auftrages von Wien die
Schließung des Landtages statt. AuS
den einen Monat spater erfolgten Neu.
wählen ging S trei ter, obgleich mit
allen Mitteln gegen ihn agitirt wurde,
doch wieder als Abgeordneter hervor.
Aber die nur zwölftägige Dauer dieses
Landtages hatte weiter keinen Zweck,
als den durch den Grafen Belcredi
sistirten, nun nach Beust's Eintritt ins
Cabinet wieder aufgenommenen ordent»
lichen Reichstag zu beschicken. Als am
22. August 1868 der nächste Landtag
eröffnet wurde, kämpfte S t r e i t e r
vergeblich gegen das in Antrag ge»
brachte Gesetz der Hypothekener«
neuerung, welches die alte Unklarheit
über die Hypothekarposten zum Schaden
des Realcredits erhalten und dadurch
noch fernerhin den Bauer den Kirchen
und frommen Stiftungen zinsbar machen
sollte. AlS dann am 9. October daS
von dem clericalen Ausschuß unter Lei»
tung des Brirener Bischofs beantragte
Gesetz über die Schulaufsicht berathen
wurde, wäre dieselbe aller Voraussicht
nach ganz in die Hände des Clerus
gegeben worden, wenn nicht vor dem
Beschluß hierüber die Schließung des
Landtages stattgefunden hätte. Bei den
nach dem Gintritte deS Ministeriums
P o t o c k i erfolgten Neuwahlen für
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Streeruwitz-Suszncki, Band 40
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Streeruwitz-Suszncki
- Band
- 40
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1880
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 394
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon