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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40
Seite - 77 -
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Seite - 77 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Streeruwitz-Suszncki, Band 40

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Strohlendorf. Joseph 77 Strohlendorf) Joseph Original" angehört, ist nicht zu ermit- teln. wie denn überhaupt über seine Vergangenheit alle Nachrichten fehlen. Er ist nur bemerkcnswerth geworden als eine Type des alten Wiener Lebens, als die zur höchsten Potenz gesteigerte Verkörperung Ali>NienS. Ein seltsamer . Kauz. konnte er keineswegs ein Son« derling genannt werden, wenn auch sein ganzes Gebaren ein eigenartiges und originales war. Er hatte noch die Kai- serin M a r i a T h e r e s i a mit ihren unverheirateten Töchtern gekannt. Sein ganzes langes 3eben — er wurde neun» zig Jahre ali — drehte sich um den Ballsaal, daS Theater und das Kaffee- haus. Er war seinerzeit der berühm- teste Tänzer gewesen, hatte mit der un» glücklichen Mar ia Anto inet te in Versailles auf einem Balle der öfter- reichischeu Gesandtschaft getanzt, als diese Prinzessin nock nicht die verhäng» nißvolle Krone Frankreichs trug, son» dern an der Seite des D a u p h i n L o u i s , als D a u p h i n e dahin» schwebte. In den späteren Jahren, als er, ein Greis, nicht mehr tanzen konnte — aber daS Tänzeln gab er nicht auf, denn er ging nicht, er tänzelte immer — lebte er nur dem Theater und dem Kaffeehause, diese öffneten ihm bis in die letzten Tage seines Lebens gastlich ihre Hallen. Noch wenige Monate vor seinem Ableben konnte man, gegen Mit. ternacht in daS Cafö D a u m , dieses nun auch dahingegangene Stück Alt- Wiens , eintretend, beinahe regel» mäßig ein kleines Männchen sehen, daS, in eine Ecke gedrückt, behaglich schlum- merte, bis um halb ein Uhr ein Mar. queur ihm leise auf die Schulter tippte und auf die Uhr deutete. Dann erhob sich der kleine Herr, hüllte stch in sein ebenso kleines Mäntelchen und trippelte die Hauser entlang seiner Wohnung zu. Wo er wohnte, wovon er lebte, ick weiß es nicht, und Keiner weiß es zu sogen. Er war da, man war sein»: Ge» genwart so gewohnt, daß man ihn ver- mißte, wenn er einmal nicht da war. aber auch weiter nicht um ihn fragte, da man Alles an ihm als bekannt vor« auks.tzte. Im Volke hieß er „der alte Junge", in. den Salons aber „der Damenritter", und ein solcher war er in des Wortes edelster Bedeutung. mit ihm starb diese Species aus. Man ist heute nicht mehr galant gegen die Da» men, weil diese vor lauter Ansprüchen gegen den Mann sick gar nicht zu haben wissen. Wenn eine Dame S t r o h l e n - do r f um etwas ansprach, er that es gewiß, für ihn gab es kein non xossu- Daus, und dabei entwickelte er eine rührende Galanterie, denn eS galt ihm gleich, ob die Dame schön oder häßlich, ihm genügte es, daß sie ein Weib war. 25 Jahre besuchte er beinahe täglich das Karnthnerthor. Theater, wo dem alten Maime stets ein Sperrsitz zu Ge» böte stand. Musik liebte er- über Alles, und wenn man ihn zu fragen verstand und ihn gewähren ließ, erzählte er auch von M o z a r t und H a y d n . welche er beide noch gesehen. Im Theater blieb er selten ruhig auf seinem Platze, klein und dünn, wie er war, schlüpfte er wie ein Aal durch, zumal in den Sperrsitzen hielt er sich nicht viel auf, sondern stieg in die höheren Regionen und trippelte von Loge zu Loge, und jede Logenthür öffnete sich bereitwillig vor dieser lebendigen Chronik aller Gast» spiele, aller FiaScos, aller Theater- scandale und Stadtgeschichten, aller berühmten Sänger und Sängerinen. Daß die Damen des Theaters sich sei« ner besonderen Gunst erfreuten, ist bei
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Streeruwitz-Suszncki, Band 40
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Streeruwitz-Suszncki
Band
40
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1880
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
394
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
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